Balanced Scorecard

Balanced Scorecard (BSC) im Unternehmerlexikon

Balanced Scorecard (BSC) im UnternehmerlexikonDie Balanced Scorecard (kurz BSC) wurde bereits Anfang der neunziger Jahre durch Robert S. Kaplan und David P. Norton auf der Basis einer Unternehmensstudie erarbeitet und seither auf vielfältige Weise weiterentwickelt.

Die Balanced Scorecard ist ein Planungsinstrument im Unternehmen, dass alle wesentlichen Blickwinkel auf ein Unternehmen erfasst und jede Persepektive mit Zielen, Kennzahlen, Vorgaben und Maßnahmen versieht. Die BSC orientiert sich an der Vision und Strategie des Unternehmens und soll helfen den langfristigen Erfolg einer Unternehmung zu sichern. Vielleicht zuerst ein Beispiel um Idee und Intention hinter der BSC zu verdeutlichen:

Beispiel:
Ein Unternehmen ist bereits am Markt positioniert und erwirtschaftet Jahr für Jahr Gewinne. Der Controller achtet darauf, dass möglichst geringe Personalausgaben getätigt werden, die Lohnstückkosten sind hervorragend. Der Eigentümer hat schon lange nicht mehr investiert und freut sich über seinen niedrigen Kapitaleinsatz: Sein Return on Investment kann sich sehen lassen. Und auf so unnötigen und teuren Schnickschnack wie eine Kundenhotline verzichtet das Unternehmen ganz. Die Finanzkennzahlen glänzen, und so wiegt man sich in Sicherheit. Doch eines Tages tritt ein Wettbewerber in den Markt, und von einem Tag auf den anderen bricht der Umsatz ein. Das Unternehmen beginnt, Verluste zu schreiben und man fragt sich, wie das geschehen konnte.

Der Konkurrent hat die besseren Produkte. Sie sind von höherer Qualität oder entsprechen eher dem Zeitgeschmack. Möglicherweise ist das Marketing gelungener. Vielleicht schätzen die Kunden, bei Problemen einen Ansprechpartner zu haben. So vielfältig die Gründe sein können, eines haben sie gemeinsam: Ein auf finanzielle Größen beschränktes Kennzahlensystem bildet sie nicht ab. Ein solches Controllingsystem hat einen blinden Fleck. Da es sich ausschließlich an der Vergangenheit orientiert, kann es nicht rechtzeitig warnen, wenn das Unternehmen den Anschluss am Markt verliert.

Balanced Scorecard: Guckt auf Kunden, Finanzen, Prozesse, Entwicklung und misst Ziele mit definierten Kennzahlen.Genau hier kommt die Balanced Scorecard ins Spiel: Im Gegensatz zu einem herkömmlichen Kennzahlensystem besteht sie nicht nur aus finanziellen Kennzahlen und richtet ihre Perspektive nicht nur in die Vergangenheit. Stattdessen richtet sie den Blick auch auf strategische und qualitative Ziele. Sie ergänzt das Kennzahlensystem um in der Regel drei weitere Perspektiven. So besteht die BSC nunmehr aus der

  • Finanzperspektive
  • Kundenperspektive
  • Prozessperspektive und der
  • Lern- und Entwicklungsperspektive

BSC: Finanzperspektive

Das Oberziel eines jeden betriebswirtschaftlichen Unternehmens ist es, Geld zu verdienen. Daher bilden auch bei der Balanced Scorecard weiterhin die finanziellen Kennzahlen das Fundament. Die bereits bekannten Kennzahlen der Stückkosten oder Return on Investment finden auch in der Finanzperspektive der Balanced Scorecard ihren Platz. Jedoch wird mit diesen Kennzahlen nicht mehr nur die Erfüllung der operativen Ziele in der Vergangenheit des Unternehmens betrachtet, sondern es werden auch strategische, das heißt langfristige, Ziele definiert. Hieraus leiten sich anschließend die strategischen Kennzahlen für die anderen Perspektiven ab.

Beispiele für Kennzahlen der Finanzperspektive der Balanced Scorecard:

  • Umsatzzahlen
  • Cash-Flow
  • Fremdkapitalquote (siehe auch Artikel Fremdkapital im Unternehmerlexikon)
  • Return on Investment

BSC: Kundenperspektive

Ein Unternehmen ist allerdings nur dann erfolgreich, wenn sein Angebot auf eine entsprechende Nachfrage bei den Kunden trifft. Doch Vorsicht: Die Erwartungen der Kunden sind einer ständigen Veränderung unterworfen. Was gestern noch Begeisterung hervorgerufen hat, wird heute schon als selbstverständlich erwartet. Entspricht das Angebot eines Konkurrenten eher den Kundenwünschen, gehen sie schnell zum Wettbewerber. Die Kundenperspektive dient also dazu, konkurrenzfähig zu werden und zu bleiben. Über die Kennzahlen der Kundenperspektive werden die Marktsegmente identifiziert und analysiert, in denen das Unternehmen agiert bzw. zukünftig agieren wird. Anschließend dient die Kundenperspektive dazu, das Angebot des Unternehmens genau auf die Kundenwünsche auszurichten. Hierzu gehören auch Aspekte, die nicht direkt das Produkt des Unternehmens betreffen: Kunden reagieren sehr feinfühlig auf Lieferzeiten, Serviceleistungen und den Umgang mit Beschwerden. Auch das Image des Unternehmens in der Öffentlichkeit spielt eine nicht unerhebliche Rolle.

Beispiele für Kennzahlen der Kundenperspektive der Balanced Scorecard:

  • Kundenzufriedenheit
  • Kundenbindung
  • Marktanteil

BSC: Prozessperspektive

Alle Produkte oder Dienstleistungen, mit denen sich ein Unternehmen am Markt bewegt, sind das Ergebnis verschiedener betriebsinterner Aktivitäten. Hierzu gehören der eigentliche Produktionsprozess, aber auch bereits die Produktentwicklung und dessen Vermarktung. Prozesse der Personalgewinnung können ebenso relevant sein wie der Umgang mit Lieferanten (siehe hierzu auch ergänzend den Artikel Kreditoren im Lexikon). Damit die aus den Prozessen resultierenden Produkte langfristig am Markt bestehen können, müssen die internen Prozesse auf die Bedürfnisse der Kunden ausgerichtet werden. Hierzu zählt in der Regel die Qualität der Produkte, aber auch die Bestelldauer oder Wartezeiten bei Dienstleistungen. Die Balanced Scorecard erfordert, die relevanten Unternehmensprozesse zu erfassen, sie messbar zu machen und mit Zielen zu versehen. Nicht selten ist die Einführung eines Kennzahlensystems der erste Anlass für ein Unternehmen, die eigenen Prozesse zu beschreiben und aufeinander abzustimmen.

Beispiele für Kennzahlen der Prozessperspektive der Balanced Scorecard:

  • Ausschussquote
  • Reparaturhäufigkeit
  • Beschwerdequote
  • Liegezeiten

Lern- und Entwicklungsperspektive

Diese Kennzahl bildet die Fähigkeit des Unternehmens ab, adäquat auf Marktveränderungen reagieren zu können. Dazu gehört nicht nur die ständige Verbesserung der internen Prozesse. Auch das Angebot des Unternehmens muss regelmäßig auf den neuesten Stand gebracht werden. Innovationen bei den Produkten, Dienstleistungen und Prozessen setzen jedoch voraus, dass das Wissen der Mitarbeiter entsprechend aktuell bleibt. Qualifikationsmaßnahmen mögen im Moment zunächst kostenintensiv sein, langfristig sichern sie jedoch das Überleben des Unternehmens am Markt. Gut aufgestellte Prozesse der Wissensvermittlung (Wissensmanagement) sorgen dafür, dass die Kenntnisse vom Unternehmen optimal genutzt werden können und auch zugänglich bleibt, wenn ein Mitarbeiter das Unternehmen verlässt. Die Motivation der Mitarbeiter spielt im Unternehmenserfolg eine oft unterschätzte Rolle. Mitarbeiter, die sich mit dem Unternehmen und seinen Zielen identifizieren, arbeiten effektiver, sind aufgeschlossener für Veränderungen, und entwickeln das Unternehmen mit eigenen Ideen weiter. Im Gegensatz kann durch Mitarbeiter, die bereits „innerlich gekündigt haben“, hoher wirtschaftlicher Schaden entstehen.

Beispiele für Kennzahlen der Lern- und Entwicklungsperspektive der Balanced Scorecard:

  • Mitarbeiterzufriedenheit
  • Innovationsquote
  • Alter der Produkte am Markt

Schema und Einführung der Balanced Scorecard

Hier ein schmatischer Aufbau zur Balanced Scorecard:

Balanced Scorecard Schema

Diese vier Perspektiven spiegeln die verschiedenen Blickwinkel wider, aus denen ein Unternehmen mindestens betrachtet werden sollte. Jede Perspektive wird mit mehreren Kennzahlen gefüllt, die untereinander in Beziehung gesetzt werden. Der Übersichtlichkeit halber wird eine Maximalzahl von fünfundzwanzig Kennzahlen empfohlen. Dies ist jedoch nicht als starre Grenze misszuverstehen, denn selbstverständlich müssen sowohl die Perspektiven als auch die Kennzahlen auf das jeweilige Unternehmen ausgerichtet sein.

Die Balanced Scorecard versteht sich nicht nur als reines Kennzahlensystem, sondern als ein modernes Management-System, das in allen Phasen des Management-Kreislaufes (Planung – Aktion – Überprüfung – Anpassung) zur Anwendung kommt:

Bei der Entwicklung von der Unternehmensvision und der Ableitung der Unternehmensstrategie

Die Orientierung an der BSC bewirkt, dass bereits in dieser Management-Phase Vision und Strategie geklärt und messbar gemacht werden. Die manchmal zu vage und wenig greifbar formulierten Visionen und Strategien der Unternehmen werden so schon zu Beginn auf den Prüfstand gestellt. Das Ergebnis ist eine klare Unternehmenszielsetzung, an der sich alle Bereiche ausrichten können.

Bei der Verbreitung der Strategie im Unternehmen:

Durch überprüfbare interne Kommunikationsprozesse wird sichergestellt, dass die Strategie flächendeckend bekannt ist und die einzelnen Unternehmensteile ihre Zielsetzungen aufeinander abstimmen. Rückmeldungen der einzelnen Bereiche zu den Unternehmenszielen ist ein erstes Feedback im Hinblick auf den künftigen Erfolg der Strategie und sollte unbedingt ernst genommen werden.

Im Zuge der Planung und Entwicklung operativer Zielsetzungen:

Aufgrund der Unternehmensstrategie werden nun operative Ziele abgeleitet. Diese sollen generell SMART –

  • spezifisch
  • messbar
  • attraktiv
  • realisierbar
  • terminiert

formuliert werden. Sobald die operativen Ziele feststehen, können Maßnahmen abgeleitet werden, mit denen diese Ziele erreicht werden. Die gleichzeitige Betrachtung der unterschiedlichen Perspektiven sorgt dafür, dass sich auch jetzt die einzelnen Unternehmensperspektiven in einem Gleichgewicht befinden und keine Zielkonflikte entstehen.

Bei der Überprüfung der Umsetzungserfolge

Am Ende einer festgelegten Periode werden die erzielten Ergebnisse mit den zuvor gesetzten Zielen verglichen. Nun ist eine gründliche und ehrliche Analyse vorzunehmen: Was führte zum Erfolg, was führte zum Misserfolg? Aus den Resultaten werden neue Zielsetzungen und eventuell notwendige Maßnahmen abgeleitet, die in der nächsten Geschäftsperiode zur Anwendung kommen.

Während dieser Phase kommen weitere betriebswirtschaftliche Instrumente zum Einsatz, zum Beispiel:

  • die Umfeldanalyse zur Betrachtung des Marktsegmentes, der Konkurrenz und der Position des eigenen Unternehmens
  • die Stärken, Schwächen, Chancen, Risiko-Analyse (z.B. SWOT-Analyse ; siehe aber auch Artikel Risikomanagement im Lexikon), um die internen und externen Einflüsse auf das Unternehmen zu betrachten und eventuelle Gegenmaßnahmen einzuleiten,
  • die Fehlermöglichkeiten und Einflussanalyse (FMEA), um die vorgeschlagenen Maßnahmen auf Risiken zu überprüfen.

Neben vielen Vorteilen birgt jedoch auch dieses Instrument Risiken

Eine mit zu vielen Zielen überfrachtete Balanced Scorecard kann in der Praxis nicht mehr umgesetzt werden. Insbesondere wenn die Leistungsbewertung der Mitarbeiter oder deren Vergütung an bestimmte Kennzahlen geknüpft wird, kann es zur einseitigen Fixierung auf bestimmte Kennzahlen bis hin zu deren gezielter Manipulation kommen – außerdem müssen die Mitarbeiter natürlich in den Einführungsprozess der BSC integriert werden. Werden die Mitarbeiter in den Einführungsprozess der BSC nicht ausreichend eingebunden, leidet die Akzeptanz des Instrumentes. Der Einsatz der Balanced Scorecard kann dann auf heftige Widerstände stoßen oder sogar scheitern.

Deswegen folgender Hinweis: Die Balanced Scorecard ist lediglich ein Instrument der Unternehmensführung, sie ist kein Allheilmittel. Auch mit einem professionellen Management-System bleibt der Unternehmenserfolg aus, wenn die Strategie falsch gewählt wurde oder unrealistische Ziele gesetzt wurden.

Ergänzend zu diesem Artikel können Sie auch den Artikel zum Thema Controlling, zum Lastenheft und Pflichtenheft und zum Quality-Function-Deployment – QFD – in unserem Lexikon lesen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert