Beschaffungsmanagement

Beschaffungsmanagement im Unternehmerlexikon, Hier: Hochregallager

Beschaffungsmanagement im Unternehmerlexikon, Hier: HochregallagerIm Rahmen der Beschaffung werden Unternehmen mit den Waren und Dienstleistungen versorgt, die diese für die Herstellung ihrer Produkte benötigen (Produktionsfaktoren). Der Begriff Management umfasst die Planung, Organisation, Führung und Kontrolle der Unternehmenstätigkeit.

Unter dem Begriff Beschaffungsmanagement sind also alle Handlungen zu verstehen, die darauf abzielen, das Unternehmen mit den für die Produktion oder Dienstleistungserstellung benötigten Gütern zu versorgen. Dabei sorgen Planung, Organisation, Führung und Kontrolle darfür, dass

  • die richtigen Dinge getan werden und
  • die Dinge auf die richtige Art und Weise getan werden.

Ein Beispiel:
Ein Restaurant hat es sich zum Ziel gemacht, internationale Speisen zu gehobenen Preisen anzubieten. Es wird ein Standort eingerichtet, qualifizierte Köche und Kellner eingestellt und die Administration des Restaurants entwickelt. Das Marktsegment ist analysiert, das Angebot festgelegt und das Restaurant ansprechend beworben. Der Einkäufer des Restaurants sucht nun am Beschaffungsmarkt die Lieferanten mit besonders preiswerten Produkten und den geringsten Lieferkosten. Außerdem schafft er es, über große Abnahmemengen attraktive Rabatte auszuhandeln.

Der Restaurantbetrieb beginnt, zahlreiche Kunden erscheinen, doch bald beginnen die Probleme: Trotz erprobter Rezepturen scheinen die Speisen gelegentlich nicht zu gelingen. Häufig müssen Gerichte von der Karte gestrichen werden, da die erforderlichen Zutaten fehlen, Obst und Gemüse verderben in großen Mengen. Die Kunden beschweren sich immer häufiger über die Qualität des Weines und bleiben dem Restaurant schließlich ganz fern. Trotz der günstigen Herstellungskosten schreibt es nur noch rote Zahlen.

Was war geschehen? Indem sich das Beschaffungswesen des Restaurants auf den Kostenaspekt fixierte, dabei jedoch die Qualität der Zutaten und die Zuverlässigkeit der Lieferanten nicht beachtete, konnte es das strategische Unternehmensziel „gehobene Küche“ nicht unterstützen. Das Restaurant verfehlte die Erwartungen seiner Kunden. Es konnte keinen Umsatz mehr generieren und gelangte so in die Verlustzone.

Hier setzt das Beschaffungsmanagement an: Um überhaupt produzieren zu können, benötigt ein Unternehmen Produktionsfaktoren. Dazu gehören

  • Arbeitskräfte
  • Informationen
  • Kapital
  • Sachgüter und Dienstleistungen
  • Technologien

Kosten, Preis, Effizient und Qualität im BeschaffungsmanagementDiese bilden das Fundament für die Produktion eines Unternehmens. Die Leistung eines Unternehmens kann nur dann zufriedenstellend sein, wenn die Ausgangsbedingungen auf die strategischen Zielsetzungen des Unternehmens ausgerichtet sind. Diese bestehen jedoch in der Regel aus einem komplexen Zielsystem, mit zum Teil konkurrierenden Zielen. Daher darf sich auch das Beschaffungswesen nicht nur an einem einzelnen Kriterium – wie beim obigen Beispiel der Preis – orientieren. Für einen reibungslosen Produktionsprozess ist es vielmehr erforderlich, die benötigten Materialien bereitzustellen. Und zwar:

  • In ausreichender Menge
  • In der benötigten Art
  • Zu der erforderlichen Qualität
  • Termingerecht
  • Am rechten Ort sowie
  • Kostenoptimal

In unserem Beispielfall wurde genau dies versäumt: Das Beschaffungswesen hatte sein Augenmerk lediglich auf den finanziellen Aspekt gerichtet. Andere strategische Ziele des Restaurants wurden nicht beachtet oder waren nicht bekannt. Die Güter wurden daher häufig nicht in der erforderlichen Art und Menge bereitgestellt, sodass das Produktangebot des Restaurants nicht sichergestellt wurde. Die Qualität der gelieferten Zutaten schwankte oder bewegte sich unter den Qualitätsanforderungen der Kunden. Andere Waren wurden in zu großer Menge in den Bestand aufgenommen und konnten nicht rechtzeitig verbraucht werden.

Damit sich das Beschaffungswesen sinnvoll in die Unternehmensstrategie eingliedert, sind Entscheidungen auf strategischer Basis notwendig, die im Folgenden näher erläutert werden sollen.

Materialanalyse

  • Welche Warengruppen sind von entscheidender Bedeutung für den Unternehmenserfolg?
  • Für welche Warengruppen ist ein hoher Verbrauch abzusehen?
  • Welche Verbräuche können sicher vorhergesagt werden?
  • Welche Güter werden selbst erstellt, welche werden fremdbezogen?
  • Inwiefern können die benötigten Güter standardisiert oder normiert werden?

Beschaffungsmarktanalyse

Nun werden Informationen über die Marktsituation auf dem Beschaffungsmarkt zusammengetragen und analysiert. Dies soll Informationen über mögliche Lieferanten bereitstellen, die eigene Position auf dem Beschaffungsmarkt sichtbar machen, auf neue Produkte oder Beschaffungsmärkte aufmerksam machen und eventuelle Störungen auf den Märkten frühzeitig sichtbar machen. Zur Beschaffungsmarktanalyse gehören

  • die Marktanalyse,
  • die Marktbeobachtung und
  • die Marktprognose.

Beschaffungspolitik

Aufgrund von Materialanalyse und Beschaffungsmarktanalyse wird nun die Beschaffungspolitik des Unternehmens festgelegt. Sie umfasst

  • die Beschaffungsprogrammpolitik,
  • Lieferantenpolitik,
  • Kontraktpolitik und
  • die Lagerpolitik.

Bezogen auf das Ausgangsbeispiel bedeutet dies, dass das Restaurant zunächst definiert, welche Produkte mit welchen Eigenschaften bezogen werden sollen. Welche Qualitätsmerkmale sollen die Zutaten und das Weinangebot aufweisen? Welche Speisekomponenten werden selbst hergestellt, welche werden fertig bezogen?

Im Anschluss werden die möglichen Lieferanten auf dem Lebensmittelmarkt anhand verschiedener Daten bewertet. Dazu gehören Preis, Qualität und Lieferkonditionen der Lieferanten, aber auch das Unternehmen und das Umfeld des Unternehmens: Daten, die Auskunft über zukünftige Entwicklungen bei dem Lieferanten Auskunft geben. Im Rahmen der Lieferantenpolitik werden auch Fragen zur Zusammenarbeit mit den Lieferanten geklärt.

Die Kontraktpolitik setzt sich mit Fragen zur Vertragsgestaltung auseinander: Welche Waren werden über langfristige Rahmenverträge bezogen? Dies können häufig benutzte Zutaten, wie Salz, Zucker, Mehl etc. sein, die per Abruf bezogen werden, sobald ein bestimmter Lagerbestand unterschritten wird.

Aus der Beschaffungspolitik heraus werden Beschaffungsstrategien entwickelt, die Versorgungssicherheit und eine starke Position in den Vertragsverhandlungen gewährleisten sollen. Ist die Beschaffungsstrategie festgelegt, wird sie über den operativen Beschaffungsprozess umgesetzt.

Der operative Beschaffungsprozess umfasst:

  • die Beschaffungsplanung, die aus den Ergebnissen der Bedarfsermittlung (Was wird benötigt?) und der Bestandskontrolle (Was ist vorhanden?) resultiert: Im Rahmen der Beschaffungsplanung werden Beschaffungsprinzipien, Beschaffungskosten, Beschaffungsmengen, Beschaffungstermine und Beschaffungswege (direkt/indirekt) festgelegt.
  • die Beschaffungsdurchführung, bestehend aus der Angebotseinholung, der Prüfung von Angebot und Vergleich, der Vergabeverhandlung und der Bestellung: Der Beschaffungsvorgang wird durch eine Bedarfsmeldung an den Einkauf ausgelöst. Die Angebotseinholung basiert auf den Ergebnissen der Beschaffungsmarktforschung, der Lieferantenbewertung und der Bedarfsmeldung. Der Einkauf verschafft sich im Rahmen der Angebotseinholung einen Überblick, ob und zu welchen Bedingungen bestimmte Lieferanten in der Lage sind, die gewünschten Güter zu liefern. Die Angebote werden anschließend formell auf Vollständigkeit, Übereinstimmung des Angebots mit der Anfrage und die Eindeutigkeit des Angebots überprüft. Die materielle Prüfung des Angebotes umfasst die Preisgestaltung, Qualität und Leistungen, Lieferzeit, Standort des Lieferanten und sonstige Faktoren. Mit der Vergabeverhandlung und / oder dem Bestellvorgang wird die Beschaffungsdurchführung abgeschlossen.
  • die Beschaffungskontrolle. Sie umfasst die Terminüberwachung, Wareneingangskontrolle und die Rechnungsprüfung: Zur Rechnungsprüfung gehört der Abgleich von Bestellmenge und eingetroffener Menge, des Preises, der Zahlungsbedingungen, Verpackungs- und Transportkosten.

Hat die Beschaffungskontrolle keine Abweichungen ergeben, wird der Vorgang in der Regel an das Rechnungswesen zur Begleichung der Rechnung weitergeleitet. Der operative Beschaffungsprozess ist abgeschlossen.

Die Instrumente, die dem Beschaffungsmanagement zur Verfügung stehen sind: ABC-Analyse, XYZ-Analyse, Make-Or-Buy-Entscheidung, Marktmacht-Portfolio,Risiko- Portfolio – diese Instrumente werden in den folgenden Absätzen weiter beschrieben.

Beschaffungsmanagement-Instrument: ABC-Analyse

Aus den voraussichtlichen Verbräuchen des Unternehmens für verschiedene Produktionsfaktoren wird der jeweilige Jahresverbrauchswert errechnet. Im Anschluss wird deren Anteil am kumulierten Jahresverbrauch aller Produktionsfaktoren ermittelt. In der Regel bestimmen rund 20 % der Materialien 80 % des gesamten Jahresverbrauches ((Pareto-Prinzip)). Im Rahmen der ABC-Analyse gilt es, diese Materialien zu identifizieren und den Schwerpunkt der Aufmerksamkeit auf sie zu richten durch :

  • eingehende Markt-, Preis- und Kostenstrukturanalysen
  • exakte Dispositionsverfahren
  • gründliche Bestandsführung und Überwachung und
  • effiziente lieferantenpolitische Maßnahmen.

Gleichzeitig liefern empirische Untersuchungen, dass bis zu 80 % der Materialien nur einen relativ geringen Anteil von 20 % am Jahresverbrauch haben. Für diese umsatzschwachen Produkte sollten die Prozesse stark vereinfacht werden und ggf. auf Sammelbestellungen und eine vereinfachte Bestandsüberwachung zurückgegriffen werden.

Beschaffungsmanagement-Instrument: XYZ-Analyse

Sie wird verwendet, um die Materialien anhand ihres Verbrauches und der Vorhersagegenauigkeit des Verbrauches einzuordnen.

  • X-Materialien haben einen weitestgehend konstanten und damit gut vorhersehbaren Verbrauch.
  • Y-Materialien schwanken in ihrem Verbrauch eher, die Vorhersehbarkeit ist als mittel einzustufen
  • Z-Materialien haben nur eine geringe Vorhersagegenauigkeit.

Beschaffungsmanagement-Instrument: Make-or-Buy-Entscheidung

Einflussfaktoren auf die Entscheidung, ob ein Produkt selbst erstellt wird (make) oder fremd bezogen wird (buy) sind dessen Beschaffbarkeit, Versorgungssicherheit, Qualität, Investitionen, Risiken, das Know-how im Unternehmen, Image, Umwelt und die Gesamtkosten. Eine wesentliche Überlegung für das Unternehmen ist, inwiefern es sich durch einen Fremdbezug von Materialien in die Abhängigkeit von externen Anbietern begeben möchte.

Beschaffungsmanagement-Instrument: Marktmacht-Portfolio

Das Marktmacht-Portfolio gibt Auskunft über die relative Stärke des Abnehmers im Bezug auf den Lieferanten. Die Stellung der beiden Vertragspartner am Markt bestimmt, mit welcher Strategie der Abnehmer in die Verhandlungen mit potenziellen Lieferanten eintreten sollte. Es wird unterschieden zwischen

  • der Emanzipationsstrategie, die auf eine Stärkung der Marktposition und die Verminderung der Abhängigkeit eines relativ schwachen Abnehmers gegenüber einem übermächtigen Lieferanten abzielt.
  • der Geschäftsfreundestrategie, mit denen sich starke Abnehmer und starke Lieferanten auf einer Vertrauensbasis begegnen und einen Interessenausgleich anstreben.
  • der Chancenrealisierungsstrategie, die einen starken Abnehmer seine Vorteile gegenüber einem relativ schwachen Lieferanten optimal nutzen lässt und
  • der Anpassungs- und Selektionsstrategie, mit der sich schwache Abnehmer und schwache Lieferanten begegnen. Da diese über jeweils nur wenig Verhandlungsspielraum verfügen, versuchen sich beide an die bestehenden Marktbedingungen anzupassen. Verhandlungen finden in nur geringem Umfang statt.

Beschaffungsmanagement-Instrument: Risiko-Portfolio

Beschaffungsmanagement: Lieferanten, Werkzeug ist BeschaffungsmarktanalyseHier werden die beiden Merkmale „Anfälligkeit gegenüber Versorgungsstörungen“ und „Versorgungsrisiko“ gegenübergestellt und analysiert. Das Versorgungsrisiko beschreibt die Gefahr von Versorgungsengpässen durch störanfällige Transportwege oder unzuverlässige Lieferanten. Die Anfälligkeit gegenüber Versorgungsstörungen ist um so höher, je weniger ein Unternehmen in der Lage ist, Versorgungsengpässen durch alternative Produkte oder Technologien zu begegnen. Ergänzend sei der Artikel zum Risikomanagement im Lexikon empfohlen.

Je nach Ausgangslage eignet sich

  • die Investitionsstrategie für Produkte mit hohem Versorgungsrisiko und hoher Störungsanfälligkeit. Sie zielt darauf ab, die Risiken durch gezielte Lieferantenpflege, die Entwicklung neuer Bezugsquellen oder innerbetriebliche Maßnahmen zu minimieren.
  • Die Abschöpfungsstrategie für gut auf dem Markt erhältliche Produkte und geringer Störanfälligkeit des Unternehmens. Die sichere Position befähigt zu qualifizierten Angebotsvergleichen und Vergabeverhandlungen, wodurch der Unternehmenserfolg gesteigert werden kann.
  • In allen anderen Fällen sollte das Unternehmen auch weiterhin nach optimalen Lieferbedingungen streben und selbstbewusst in Vergabeverhandlungen auftreten, sich allerdings mittels eines Frühwarnsystems auf mögliche Versorgungsengpässe vorbereiten und Alternativen erarbeiten.

Am Ende einer Periode, in der Regel eines Geschäftsjahres, wird durch das strategische Controlling auch die gewählte Beschaffungsstrategie überprüft und eventuell an veränderte Bedingungen angepasst.

Übrigens, ergänzend zu diesem Artikel empfehlen wir Ihnen auch unseren Artikel Kreditor in unserem Lexikon.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert