In fast jeder Bilanz von deutschen Unternehmen sind Rechnungsabgrenzungsposten ausgewiesen. Externe Betrachter solcher Bilanzen wissen oft nicht, welche Geschäftsvorfälle hier verbucht werden.
Der Jahresabschluss eines Unternehmens muss in der Regel zwei große Aufgaben erfüllen. Als erstes soll er über die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens informieren. Damit richtet sich eine Bilanz nicht nur an die Gesellschafter, Beteiligten oder Inhaber eines Betriebes, er wird auch von Banken und anderen Investoren für die Beurteilung des Betriebes genutzt. Ein Jahresabschluss dient aber auch zur Ermittlung des Gewinns oder Verlustes der Unternehmung. Die Gewinn- und Verlustrechnung der Bilanz ist Grundlage für die Verteilung des Gewinns sowie für die Besteuerung des Betriebes.
Ein Jahresabschluss muss immer die Verhältnisse eines Wirtschaftsjahres abbilden. Dabei muss es sich nicht immer um das Kalenderjahr handeln. Auch davon abweichende Wirtschaftsjahre sind üblich, wie etwa in der Landwirtschaft. Durch Existenzgründungen oder Betriebsaufgaben oder -verkäufe können sogenannten Rumpfjahre entstehen (also Geschäftsjahre, die kein volles Zeitjahr darstellen). Innerhalb der jährlichen Buchhaltung der Unternehmen dürfen jedoch nur solche Geschäftsvorfälle berücksichtigt werden, die auch Aufwand oder Erlös für das betreffende Wirtschaftsjahr sind. Dieser Grundsatz der ordnungsgemäßen Buchhaltung wird auch als „periodengerechtes Buchen“ bezeichnet.
Für das Verbuchen vieler Geschäftsvorfälle, die nicht in die Periode gehören, wurde die Rechnungsabgrenzung eingeführt. Gesetzliche Grundlage dafür ist das Handelsgesetzbuch (HGB), hier sind im Paragraph 250 die Rechnungsabgrenzungen definiert.
Aktive und passive Rechnungsabgrenzung
Der bereits genannte § 250 HGB unterscheidet die Rechnungsabgrenzung auf der Aktivseite der Bilanz (aktive Rechnungsabgrenzung) von der Abgrenzung auf der Passivseite (passive Rechnungsabgrenzung). Hierbei werden stets solche Geschäftsvorfälle gebucht, die noch vor der Bilanzerstellung verarbeitet werden können und müssen. Solche Vorfälle, die nach Erstellung des Jahresabschlusses noch Vorjahre betreffen, müssen allerdings auf Sachkonten wie „periodenfremder Aufwand“ oder „periodenfremder Ertrag“ verbucht werden.
Der aktive Rechnungsabgrenzungsposten
Entsprechend der Gliederung des Jahresabschlusses, die im § 266 HGB vorgeschrieben ist, ordnet sich der aktive Rechnungsabgrenzungsposten als (C) hinter dem Umlaufvermögen ein. Das Sachkonto Aktive Rechnungsabgrenzung (kurz auch ARA) ist ein Bestandskonto (siehe ergänzend hierzu z.B. auch Artikel Standardkontenrahmen im Lexikon), das über das Schlussbilanzkonto abgeschlossen wird. Verbucht wird auf diesem Konto jeder Aufwand, der bereits bezahlt worden ist, aber eigentlich erst ins Folgejahr gehört.
Typisch für solche Geschäftsvorfälle sind Mietzahlungen oder auch Versicherungsaufwand:
Beispiel:
Ein Mieter (Wirtschaftsjahr gleich Kalenderjahr) zahlt am 30. Dezember per Banküberweisung die Miete für den Januar des nächsten Jahres in Höhe von 1000,00 Euro. Die Miete ist für ihn Aufwand, der jedoch nicht mehr in das laufende Jahr gehört. Die Buchung muss allerdings erfasst werden, da die Bankabbuchung bereits vorliegt. Er bucht daher den Aufwand in den aktiven Rechnungsabgrenzungsposten:ARA 1.000 € an Bank 1.000 €.
Kann für die Miete Vorsteuer gezogen werden, würde die Buchung so aussehen:
ARA 1.000 €
Vorsteuer 19% 190 € an Bank 1.190 €.Zu Beginn des Folgejahres wird dann die Aufwandsbuchung natürlich nachgeholt, der Rechnungsabgrenzungsposten wieder aufgelöst:
Mietaufwand 1.000 € an ARA 1.000 €.
Bei Versicherungsverträgen, die unterjährig abgerechnet werden, muss der noch nicht geltend gemachte Aufwand entsprechend abgegrenzt werden. Dafür folgendes Beispiel:
Beispiel:
Für die Versicherung des Firmengebäudes berechnet die Versicherungsgesellschaft im September stets den Jahresbeitrag von 1.200 €. Das entspricht einem monatlichen Aufwand von 100 €. Bei der Jahresrechnung für das laufende Jahr sind also 4 Monatsraten (September – Dezember) noch für dieses Jahr in den Aufwand zu buchen, Raten für 8 Monate dann für das Folgejahr zu berücksichtigen. Bisher wurde bereits gebucht:Versicherungsaufwand 1.200 € an Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung 1.200 €
Im Rahmen des Jahresabschlusses erfolgt eine Korrektur und die Abgrenzung des Aufwandes für das Folgejahr:
ARA 800 € an Versicherungsaufwand 800 €
Natürlich hätte das Unternehmen den Aufwand auch sofort abgrenzen können:
Versicherungsaufwand 400 €
ARA 800 € an Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung 1.200 €
Diese Abgrenzungen des Aufwandes sind relativ leicht zu beherrschen. Schwieriger wird ein weiterer Sachverhalt, der in den aktiven Rechnungsabgrenzungsposten darzustellen ist, nämlich die Abschreibung eines Disagios.
Ein Disagio wird dann in der Buchhaltung ausgewiesen, wenn ein Kreditbetrag nicht in voller Höhe ausgezahlt wird. Im Paragraph 250 des HGB heißt es: „ Ist der Erfüllungsbetrag einer Verbindlichkeit höher als der Ausgabebetrag, so darf der Unterschiedsbetrag in den Rechnungsabgrenzungsposten auf der Aktivseite aufgenommen werden.“. Diese Bestimmung stellt ein Wahlrecht für den Jahresabschuss dar. Viele Unternehmen machen jedoch davon Gebrauch, weil sonst das Disagio sofort kostenwirksam wäre. Der gebildete Rechnungsabgrenzungsposten wird dann planmäßig über die Laufzeit des Darlehens abgeschrieben:
Beispiel:
Für eine Baumaßnahme nimmt ein Unternehmen bei seiner Hausbank ein Darlehen über 100.000 € auf. Entsprechend der Kreditbedingungen werden 4 Prozent der Darlehenssumme als Disagio einbehalten, die Laufzeit beträgt 4 Jahre.Ausgabebetrag: 96.000 €
Erfüllungsbetrag: 100.000 €
Disagio: 4.000 €
Abschreibungsdauer: 4 JahreBei Auszahlung des Darlehens bucht das Unternehmen:
Bank 96.000 €
ARA 4.000 € an Verbindlichkeiten gegen Kreditinstituten 100.000 €Zum Jahresabschluss wird die Abschreibung des Disagios (entsprechend der Darlehenslaufzeit 1/4 des Betrages) dann in den Aufwand gebucht und der aktive Rechnungsabgrenzungsposten gleichzeitig verringert:
Abschreibung auf Disagio 1.000 € an ARA 1.000 €
Im Sachkontenrahmenplan findet sich dieses Konto oft bei dem Zinsaufwand, denn ein Disagio stellt ähnlich wie Zinsen Kosten für den Kredit dar.
Die passive Rechnungsabgrenzung
Wird bei der aktiven Rechnungsabgrenzung der Aufwand betrachtet, so verbucht man in den passiven Rechnungsabgrenzungsposten (kurz oft PRA) die Erträge, für die Zahlungen bereits geleistet worden sind. Hierfür folgendes Beispiel:
Beispiel
Ein Unternehmen hat einen Teil seines Grundstückes vermietet und erhält am 30. Dezember bereits die Miete für den Januar des neuen Jahres. Die Buchung muss erfasst werden, da der Geldeingang bereits gebucht ist:Bank 1.000 € an PRA 1.000 €.
Mit Beginn des neuen Jahres wird dann umgebucht:
PRA 1.000 € an Mietertrag 1.000 €
Erhalten Zahlungen einen Erlösanteil für das laufende Geschäftsjahr und nur einen Teil für das Folgejahr, muss entsprechend anteilig gebucht werden.
Rückstellungen und sonstige Verbindlichkeiten / Forderungen
Geschäftsvorfälle mit Rechnungsabgrenzungen müssen stets sehr kritisch beurteilt werden. Sie sind von Rückstellungen und von den sonstigen Verbindlichkeiten/ Forderungen genau zu unterscheiden. Stellen sie sich dabei immer die Frage, wann der Geldfluss vorliegt. Rechnungsabgrenzungskosten liegen nur dann vor, wenn die Beträge bereits gezahlt worden sind:
Rückstellungen: Aufwand liegt im laufenden Jahr, Betrag ist noch nicht genau bekannt, Zahlung ist noch nicht geleistet worden.
Aktive Rechnungsabgrenzungsposten: Zahlung für eine Rechnung ist geflossen, Aufwand gehört in das Folgejahr.
Passive Rechnungsabgrenzungsposten: Zahlung ging bereits ein, Ertrag gehört ins Folgejahr.
Sonstige Verbindlichkeit: Rechnung /Betrag ist bereits bekannt, Zahlung ist im alten Jahr nicht erfolgt.
Sonstige Forderung: Rechnung /Betrag ist bereits bekannt, Zahlung ist im alten Jahr nicht eingegangen.
Jahresabschlussarbeiten
Es gehört zu den Vorbereitungsarbeiten für den Jahresabschluss, dass alle Aufwandskonten auf eine periodengerechte Verbuchung überprüft werden. Dabei sind solche Sachkonten wie Mieten, Versicherungen, Zeitungen/Zeitschriften, Darlehen genauer zu betrachten. Aufwendungen und Erträge, die das Folgejahr betreffen, sind spätestens jetzt abzugrenzen. Nach Erledigung des Saldovortrags sollte auch die Auflösung von Rechnungsabgrenzungsposten, die nicht mehr benötigt werden, zeitnah am Jahresanfang erfolgen. Nur dann sind korrekte Betriebswirtschaftliche Auswertungen auch unterjährig möglich.
Übernimmt ein Steuerberater diese Jahresabschlussarbeiten, so ist der Hinweis auf Geschäftsvorfälle mit Rechnungsabgrenzungen wichtig. In der täglichen Buchungspraxis hat es sich bewährt, solche Sachverhalte im Buchungstext genauer zu beschreiben.