Im Wirtschaftsleben der Bundesrepublik Deutschland existiert die Möglichkeit, wonach Tarifparteien (also Arbeitnehmer und Arbeitgeber, bzw. deren Verbände) untereinander verbindliche Tarifverträge aushandeln.
Die beiden Tarifparteien
Diese Tarifparteien sind seitens der Arbeitgeber entweder ein konkreter Betriebsinhaber oder dessen bevollmächtigter Vertreter, ein Arbeitgeberverband oder ein Zusammenschluss von Arbeitgebern einer bestimmten Branche. Auf der Seite der Arbeitnehmer fungieren eine Gewerkschaft oder ein kollektiver Zusammenschluss (Koalition) von Arbeitnehmern als Tarifpartei und damit als Verhandlungspartner der Arbeitgeber bezüglich der Konditionen eines Tarifvertrags.
Der verfassungsmäßige Grundsatz der Tarifautonomie
Der jeweils durch die Tarifparteien auszuhandelnde Tarifvertrag ist unabhängig von jeder staatlichen Restriktion und Einflussnahme und erfüllt somit die gesetzliche Forderung nach Tarifautonomie (Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland).
Die allgemeinen und speziellen Inhalte von Tarifverträgen im Arbeitsleben
Inhalt eines Tarifvertrags und somit Verhandlungsgegenstand beider Tarifparteien ist die verbindliche Definition von konkreten Bedingungen der Arbeit im Betrieb. Dazu zählen beispielsweise die Arbeitszeiten, die Höhe und Modi der Entlohnung sowie Urlaubsansprüche, konkrete Arbeitsbedingungen, Abschlüsse und Kündigungen von Arbeitsverhältnissen und die Laufzeit des jeweiligen Tarifvertrags. Ein Tarifvertrag setzt somit verbindliche Rechtsnormen nach deutschem Recht und stellt daher neben dem Arbeits- und Betriebsverfassungsrecht eine weitere anerkannte Rechtsquelle im Falle von Meinungsverschiedenheiten dar.
Die Rechtsgrundlagen für alle Tarifverträge in der BRD
Die rechtliche Grundlage aller Tarifverträge innerhalb der Bundesrepublik Deutschland bildet das Tarifvertragsgesetz (TVG) aus dem Jahre 1949. Für alle im Geltungsbereich eines Tarifvertrags geschlossenen Arbeitsverträge gilt der Tarifvertrag als bindend. Ein Tarifvertrag bedarf grundsätzlich der Schriftform, um rechtliche Wirksamkeit zu erlangen.
Unterschiedliche Formen von Tarifverträgen
Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind berechtigt, unterschiedliche Formen von Tarifverträgen abzuschließen. Dies sind Verbands- oder Flächentarifverträge, firmenbezogene Verbandstarifverträge, Firmentarif- oder Haustarifverträge, mehrgliedrige Tarifverträge, Konzerntarifverträge, Vergütungstarifverträge, Lohn- und Gehaltsrahmentarifverträge, Manteltarifverträge und sonstige Tarifverträge. Alle geschlossenen Tarifverträge werden in öffentlichen Tarifregistern registriert, die die jeweiligen Arbeits- und Sozialministerien der Bundesländer und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales führen.
Der Manteltarifvertrag
Der Manteltarifvertrag (kurz auch MTV) ist nach dem kollektiven Arbeitsrecht eine Form des Tarifvertrags. Analog zu allen anderen Tarifverträgen wird der Manteltarifvertrag nach den Grundsätzen der Tarifautonomie zwischen den Tarifparteien – bestehend aus der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite – ausgehandelt. Im Ergebnis ist der Manteltarifvertrag dann für die Tarifparteien rechtsverbindlich, die ihn ausgehandelt haben. Er muss in Schriftform vorliegen und wird in einem öffentlichen Tarifregister registriert.
Inhalte der Manteltarifverträge
Es ist üblich, in Manteltarifverträgen keine konkreten Festlegungen zur Vergütungshöhe und zur Einstufung der Mitarbeiter eines Unternehmens in Lohn- und Gehaltsgruppen zu treffen. Festlegungen bezüglich der Vergütungshöhe und der Eingruppierung in Lohn- und Gehaltsgruppen werden üblicherweise bereits in Lohn- und Gehaltstarifverträgen oder in Rahmentarifverträgen mit kurzen Laufzeiten geregelt. Manteltarifverträge hingegen sollen einen juristischen Rahmen, den sogenannten Mantel, für speziellere und detailliertere Tarifverträge abgeben, globalere und allgemeingültige Inhalte betreffen und im Allgemeinen auch eine längere Laufzeit haben. Manteltarifverträge enthalten damit längerfristigere und allgemeinere Regelungen, die außerdem für einen weitaus größeren Personenkreis Gültigkeit erlangen. Charakteristische Inhalte von Manteltarifverträgen sind beispielsweise allgemeine Festlegungen zu den Einstellungs- und Kündigungsmodi von Arbeitnehmern, Festlegungen zur Dauer und zu Regelungen bezüglich des Urlaubs der Arbeitnehmer, allgemeine Arbeitszeitregelungen wie Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, Pausenregelungen, Dienstpläne, Regelungen zur Wochenend- und Feiertagsarbeit sowie Regelungen zu Überstunden und Mehrarbeit. Des Weiteren gehören zu den Inhalten von Manteltarifverträgen: allgemeine Regelungen zu den Problemfeldern Krankheit, Krankmeldung und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, allgemeine Regelungen zu Zuschlägen für Mehr-, Nacht- und für Schichtarbeit, allgemeine Regelungen zur Gewährung und Auszahlung vermögenswirksamer Leistungen durch den Arbeitgeber, allgemeine Regelungen und Bestimmungen zum Rationalisierungsschutz sowie Regelungen in Bezug auf mögliche Qualifizierungen von Arbeitnehmern.
Die Laufzeiten von Manteltarifverträgen
Die Standard-Laufzeit von Manteltarifverträgen beträgt meist drei Jahre, wobei die zwischen den Tarifparteien ausgehandelten Regelungen jeweils Gültigkeit für das gesamte Bundesgebiet erlangen. Da Manteltarifverträge in der Regel eine wesentlich längere Laufzeit als Lohn- und Gehaltstarifverträge aufweisen, ist es zum Teil sogar üblich, dass beim Manteltarifvertrag eine Angabe der Laufzeit gänzlich fehlt. Es hat sich daher in der betrieblichen Praxis eingebürgert, dass Manteltarifverträge in diesem Falle jeweils so lange gelten, bis sie von einer der Tarifparteien gekündigt werden. Es ist jedoch inzwischen üblich, dass für einzelne inhaltliche Regelungen separate Kündigungsfristen zwischen den Tarifparteien rechtsverbindlich vereinbart werden. Meist betreffen diese separaten Kündigungsfristen in Manteltarifverträgen die Regelungen zur betriebsüblichen Arbeitszeit, die jeweils zwischen den Tarifparteien getroffen worden sind.
Manteltarifverträge: relevante Branchen und Wirtschaftsbereiche
Manteltarifverträge existieren heute für beinahe alle Branchen der Wirtschaft. Der sogenannte Bundesangestelltentarif (BAT), inzwischen ersetzt durch TVöD, stellt ein bekanntes Beispiel eines Manteltarifvertrags dar. Es empfiehlt sich, immer dann einen Manteltarifvertrag abzuschließen, wenn die Tarifparteien es wünschen, dass gültige Arbeitsbedingungen für einen größeren Beschäftigtenkreis und für einen längeren Zeitraum verbindlich festgeschrieben werden sollen.
Fazit und Empfehlungen zum Manteltarifvertrag
Ein Manteltarifvertrag bindet beide Tarifparteien jeweils langfristig und schränkt ihre Dispositionsfreiheit nicht unerheblich ein. Dennoch schafft er dadurch für die Beteiligten ein Höchstmaß an Sicherheit und Planbarkeit sowie Kontinuität. Seit Beginn der 1970er Jahre ist es nicht unüblich, beispielsweise auch Belange der Humanisierung des betrieblichen Arbeitslebens, des Umgangs mit technischem Wandel und des betrieblichen Datenschutzes in einen Manteltarifvertrag aufzunehmen. Besonders der Aspekt des betrieblichen Datenschutzes ist von kontinuierlich steigender Bedeutung. Ist es nicht möglich, sich im Rahmen eines Manteltarifvertrags über einzelne Regelungen verbindlich zu einigen, so können diese Regelungen aus dem Manteltarifvertrag herausgenommen und in separaten Manteltarifverträgen abgehandelt werden. Solche Belange, die häufig Gegenstand separater Manteltarifverträge darstellen, sind zumeist Fragestellungen im Zusammenhang mit Auszubildenden oder Problemen der sozialen Sicherung von älteren Arbeitnehmern im Betrieb. Die besondere Bedeutung des Manteltarifvertrags erwächst nicht nur aus seinem allgemeingültigen Charakter, seiner regional nicht beschränkten Gültigkeit und seiner langen Laufzeit, sondern inhaltlich vor allem aus der Tatsache, dass Manteltarifverträge bestehende gesetzliche Normen oft nicht nur ergänzen, sondern teilweise sogar gesetzliche Normen schaffen. Dies gilt insbesondere da, wo keine Regelungen seitens des Gesetzgebers vorhanden waren. Außerdem gehen Bestimmungen in Manteltarifverträgen bezüglich des Schutzes von Arbeitnehmern im Betrieb nicht selten deutlich über bereits bestehende gesetzliche Schutzvorschriften hinaus. Dennoch ist innerhalb des Zeithorizonts von 1998 bis 2010 ein signifikantes Absinken der Zahl von Beschäftigten erkennbar, die sich in einem Beschäftigungsverhältnis mit Tarifbindung befinden. Dies gilt sowohl für Ost- wie auch für Westdeutschland. Waren beispielsweise in Ostdeutschland im Jahre 1998 noch 63 % der Beschäftigten in Arbeitsverträge mit Tarifbindung involviert, so sank diese Zahl bis 2010 auf 50 %, also um immerhin 13 %. Im Westen Deutschlands fiel dieser Wert im selben Zeitraum von 76 % auf 63 %, also ebenfalls um 13 %. Dennoch gibt es auch Positives vom Arbeitsmarkt zu vermelden, wozu beispielsweise der Abschluss eines Manteltarifvertrags für Zeitarbeiter gehört, der am 1. Januar 2004 rechtsverbindlich zwischen den Tarifparteien abgeschlossen wurde. Manteltarifverträge für zahlreiche weitere Branchen, so beispielsweise für Journalisten, ergänzen inzwischen das Vertragswerk für Zeitarbeiter, das seinerzeit ein hohes Maß an Beachtung und Publicity erntete. Damit erfüllen Manteltarifverträge zwei wesentliche Voraussetzungen innerhalb des Arbeitslebens: Sie schaffen für die Tarifparteien über einen langen Zeitraum Rechtssicherheit und ermöglichen somit ein Höchstmaß an vertrauensvoller Zusammenarbeit beider Seiten.
Lesen Sie ergänzend auch den Artikel zum Thema Dienstvertrag im Lexikon, denn der Arbeitsvertrag eines Arbeitnehmers ist eine spezielle Form des Dienstvertrags.