Als Kreditvergabe zwischen Privatpersonen sind Peer-to-Peer-Kredite (P2P-Kredite) eine Form des Social Lending. Die Kredite werden außerhalb des klassischen Kreditgeschäfts vergeben und aufgenommen und zeichnen sich daher dadurch aus, dass herkömmliche Kreditinstitute wie Banken von diesem Geschäft weitgehend ausgenommen bleiben.
Definition und Funktionsweise
Die Kreditvergabe erfolgt im Rahmen dieses Geschäfts vollständig online. Auf ausgewiesenen Internet-Kreditportalen wird dafür gesorgt, dass Kreditgeber und Kreditnehmer aufeinander treffen. Auf diese Weise wird ihnen ein Marktplatz für ihre privaten Kreditgeschäfte geboten. Der Begriff des P2P-Kredits ist eng verwandt mit dem Begriff des Crowdfunding verbunden.
Während beide Kreditparteien meist als Privatpersonen auftreten, findet auch die Finanzierung bzw. die Aufnahme von Fremdkapital von kleineren Unternehmen und Start-ups über P2P-Kredite zunehmende Verbreitung. In den meisten Fällen ist eine große Zahl kleinerer Kreditgeber mit überschaubaren Kreditsummen an der Finanzierung der Vorhaben beteiligt.
Die Zahlen und Fakten zum Kreditgeschäft werden hierbei grundsätzlich von den Kreditnehmern selbst festgelegt. Sie sind es, die Höhe der Kreditsumme, Laufzeit und sogar Zinssatz bestimmen. Überdies haben Kreditnehmer genaue Angaben zu ihrer Bonität und zu ihrem zu finanzierenden Projekt zu machen. Diese Faktoren sind wiederum für potentielle Kreditgeber ausschlaggebend. Auch bei dieser Form der Kreditvergabe achten Geldgeber genau darauf, ob das zu finanzierende Projekt Aussicht auf Erfolg hat und ob eine Rückzahlung samt Zinsen erfolgen wird.
Zur Historie
In Deutschland ist das Modell der Peer-to-Peer-Kredite noch nicht weit verbreitet. Vorreiter dieser Finanzierungsform ist das US-amerikanische Unternehmen Lending Club, das 2007 gegründet wurde. Bereits 2014 wurde der Pionier und Marktführer vom renommierten Magazin Forbes zu den 25 vielversprechendsten Unternehmen der USA gezählt.
Gründungsidee hinter Lending Club war der Wunsch, dass auch kleinere Kunden durch günstige Kreditkonditionen ihre Ideen verwirklichen können. Gleichzeitig können Kreditgeber als Investoren hohe Renditen erwarten. Die Nutzung eines Online-Portals hat den Zweck, die Kosten gering zu halten und für effiziente Abwicklung zu sorgen. Die bisher gehandelten Kreditsummen über dieses Portal liegen bei über fünf Milliarden US-Dollar.
Rechtslage in Deutschland
Rechtliches Regelwerk für Kreditgeschäfte ist grundsätzlich das Kreditwesengesetz (KWG) der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Inwiefern die Nutzung von Online-Plattformen für P2P-Kredite der Genehmigungspflicht nach § 32 KWG unterliegt, hängt mit der Gestaltung und Struktur des Angebots im Einzelnen ab. Grundsätzlich ist jeder Gläubiger, der gewerbsmäßig Geld verleiht, erlaubnispflichtig. Bei wiederholter Kreditvergabe mit Gewinnerzielungsabsicht ist dies gegeben. Gleichermaßen sind Betreiber entsprechender Plattformen in diese Geschäfte indirekt eingebunden und können daher von dieser Genehmigungspflicht betroffen sein.
Peer-to-Peer-Netzwerke in Deutschland
Größere Portale wie Smava oder Auxmoney binden aus Rechtsgründen Banken in den Prozess der Kreditvermittlung ein. Banken stellen hierbei die rechtlichen Vertragspartner zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer dar. Für Auxmoney arbeitet die SWK Bank, während Smava die Fidor Bank als Vermittler einsetzt. Beide verfügen über die erforderlichen Vollbanklizenzen für Kreditgeschäfte. Auxmoney und Smava gehören zu den am häufigsten genutzten Plattformen für P2P-Geschäfte.
Manche Anbieter haben sich auf die Finanzierung von Jungunternehmern und Start-ups spezialisiert. Der britische Anbieter Funding Circle gehört eigenen Angaben zufolge bereits jetzt zu den fünf stärksten Geldgebern für Kleinunternehmen. Für Privatpersonen sind neben Auxmoney auch Portale wie Lendico und der junge Anbieter Crosslend interessant.
Peer-to-Peer aus Kreditnehmersicht
Kreditnehmern kann auf P2P-Plattformen auch dann ein Kredit gewährt werden, wenn Banken abgelehnt haben. Dies ist ein Vorteil, der viele Kunden mit geringer Bonität zu solchen Portalen führt. Die einzigen Voraussetzungen für die Darlehensaufnahme sind ein Mindestalter von 18 Jahren sowie ein Hauptwohnsitz in Deutschland. Ausgenomen von der Kreditaufnahme und -vergabe sind Personen, gegen die Haftbefehl vorliegt oder gegen die ein Insolvenzverfahren läuft.
Bonität (Kreditwürdigkeit) spielt jedoch auch bei dieser Kreditvergabeform eine Rolle. Schlechte Bonität oder negative Schufa-Ratings sind kein Ausschlusskriterium. Da diese Portale wie Marktplätze funktionieren, finden sich jedoch nur bei entsprechend hohen Kreditzinsen Geldgeber für Kreditnehmer geringer Bonität. Wesentlicher Unterschied zum Kreditgeschäft der Banken ist der wesentlich individuellere und persönliche Ablauf. So können sich auch Investoren finden, wenn Kreditnehmer ihnen plausibel machen können, für welches Vorhaben der Kredit benötigt wird und wie er zurückgezahlt werden kann. Somit sind für die Kreditgewährung nicht nur harte Zahlen und Fakten ausschlaggebend. Auch persönliches Vertrauen und Sympathie können den Ausschlag für ein Kreditgeschäft geben.
Bei P2P-Krediten sind im Allgemeinen hohe Zinsen üblich, die sich bei geringerer Bonität im zweistelligen Prozentbereich ansiedeln können. Kreditnehmer müssen daher stets die Wirtschaftlichkeit des Kredites hinterfragen.
Peer-to-Peer aus Anlegersicht
Die üblichen hohen Zinssätze locken viele Kreditgeber als Investoren auf die P2P-Portale. Schon mit geringen Kreditsummen ab etwa 100 Euro können sich Investoren an Kreditprojekten anderer Nutzer der Plattform beteiligen. Anleger investieren hier selten die gesamte Kreditsumme. Diese summiert sich durch die Beteiligungen mehrerer Kreditgeber. Für Anleger ist es wichtig, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, welche Kreditnehmer kreditwürdig und welche Kreditvorhaben aussichtsreich sind. Dabei gilt es, sich zu vergegenwärtigen, dass die meisten hier präsenten Kreditgeber aus verschiedenen Gründen von Banken abgelehnt wurden. Dies birgt ein gewisses Risiko des Zahlungsausfalls. Zu finanzierende Projekte sind vielfältig und reichen von der Führerscheinfinanzierung bis zur Firmengründung.
Aus Kreditgebersicht ist hier von einem Spekulationsgeschäft zu sprechen. Genaue Angaben sowie die Fähigkeit, Kreditnehmer und ihre Zahlungsfähigkeit einzuschätzen, sind daher von zentraler Bedeutung.