Im Alltag begegnet sie uns als Konsumenten praktisch bei jedem Einkauf: die Mehrwertsteuer. Auch die Begriffe „Vorsteuer“ und „Umsatzsteuer“ sind jedem Unternehmer geläufig. Aber wie hängen die Begriffe eigentlich zusammen? Und wie berechnet sich die Mehrwertsteuer?
In Deutschland wurde die Mehrwertsteuer vor fast 50 Jahren – am 01.06.1968 – eingeführt und erweist sich bis heute als eine der wichtigsten Einnahmequellen des Bundes. Im Jahr 2016 lagen die Einnahmen bei 217,1 Mrd. €, was einem Anteil von über 30% des gesamten Steueraufkommens entspricht. (Quelle: Bundesfinanzministerium)
Das Umsatzsteuergesetz (UStG) regelt in Deutschland die Anwendung und Ausgestaltung der Umsatzsteuer. Der gesamte Gesetzestext ist hier nachzulesen: https://www.gesetze-im-internet.de/ustg_1980/. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland mit einem Mehrwertsteuersatz von 19% (ermäßigt 7%) im unteren Drittel der Länder. Spitzenreiter ist Ungarn mit einem Mehrwertsteuersatz von 27%. Die Entscheidung, wann ein Produkt ausnahmsweise einem ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 7% unterliegt, ist in §12 Abs. 2 des UStG geregelt und umfasst so unterschiedliche Fälle wie:
- die Fahrt mit dem Taxi
- den Kauf von Büchern
- den Kauf von Essen zum Mitnehmen (im Gegensatz zum Verzehr vor Ort)
Mehrwert-, Umsatz- und Vorsteuer: Was ist was?
Der Begriff „Mehrwertsteuer“ ist eigentlich umgangssprachlich und wird im Steuerrecht nicht verwendet. In Rechnungen taucht er allerdings regelmäßig auf, häufig auch mit der Abkürzung MwSt. Er umfasst dem Begriff nach sowohl die Vor- als auch die Umsatzsteuer.
Die beiden Begriffe lassen sich wie folgt unterscheiden:
Vorsteuer
Die Vorsteuer zahlt ein Unternehmen, wenn es Waren und Dienstleistungen erwirbt und nach der Rechnung bezahlt. Unternehmen, die eine sogenannte Vorsteuerabzugsberechtigung haben, erhalten die entrichtete Vorsteuer mit einer Umsatzsteuervoranmeldung bzw. einer Umsatzsteuererklärung vom Finanzamt zurück. Damit wird verhindert, dass Wirtschaftsgüter während des Herstellungsprozesses mehrfach mit Umsatzsteuer belegt werden. Nicht jedes Unternehmen und nicht jeder Kauf, den ein Unternehmen tätigt, sind allerdings vorsteuerabzugsberechtigt. Wichtige Ausnahmen:
- Ein Unternehmen, das im Vorjahr weniger als 17.5000 € umgesetzt hat und im laufenden Jahr voraussichtlich nicht mehr als 50.000 € erwirtschaftet, wird nach §19 UStG als Kleinunternehmen eingestuft ( Kleinunternehmerregelung / Kleingewerbe ). Es muss auf seinen Rechnungen keine Umsatzsteuer ausweisen, ist aber auch nicht vorsteuerabzugsberechtigt.
- Fehlen auf einer Rechnung Pflichtangaben gemäß UStG und Umsatzsteuer-Anwendungserlass, kann die Vorsteuer nicht abgezogen werden. Eine rückwirkende Rechnungsberichtigung ist aber möglich.
- Ein Unternehmer erwirbt im Namen seines Unternehmens Gegenstände, nutzt diese dann aber privat. Die Folge: Die Ausgabe ist nicht vorsteuerabzugsberechtigt.
- Wenn ein Unternehmen ausschließlich Umsätze erzielt, die nicht der Umsatzsteuer unterliegen, entfällt die Möglichkeit zum Vorsteuerabzug. Ein Beispiel: Mieteinnahmen ausschließlich aus der Vermietung von Immobilien an Privatpersonen.
Umsatzsteuer
Mit Umsatzsteuer ist diejenige Steuer gemeint, die ein Unternehmen auf seine Einnahmen bezahlen muss. In der Regel muss diese Steuer separat auf den Rechnungen des Unternehmens ausgewiesen und nach der Umsatzsteuervoranmeldung an das Finanzamt abgeführt werden. Anders ausgedrückt sind Vorsteuer und Umsatzsteuer eigentlich zwei Perspektiven auf dieselbe Steuer: Aus der Sicht desjenigen, der einen Kauf tätigt, handelt es sich um die Vorsteuer. Aus dem Blickwinkel des Verkäufers handelt es sich um die Umsatzsteuer. Es leuchtet entsprechend ein, dass in Buchungsformularen für das Finanzamt bei Ausgaben die Vorsteuer, bei Einnahmen dagegen die Umsatzsteuer erfragt wird.
Wissenswertes für Gründer
In der Gründungsphase eines Unternehmens fallen häufig bereits erste Kosten an. Dabei kann es sich beispielsweise um Fachliteratur, Kosten für einen PC oder Telefon- und Portokosten handeln. Auch in dieser Phase ist es bereits möglich, für alle Ausgaben im Zusammenhang mit der künftigen Geschäftstätigkeit den Vorsteuerabzug zu beantragen. Dieser wird vom Finanzamt in der Regel ohne größere Probleme gewährt. Allerdings trägt der Gründer die Nachweispflicht, d.h. er muss zu jeder Rechnung im Detail nachweisen können, warum die Kosten im Zusammenhang mit der Gründung angefallen sind. Darüber hinaus muss der Unternehmer nach der Gründung auch zum Vorsteuerabzug berechtigt sein. Das wäre zum Beispiel nicht der Fall, wenn die Firma als Kleinunternehmen im Sinne des UStG eingestuft wird (siehe oben).
Rechenbeispiel zur Berechnung der Mehrwertsteuer und weitere Beispiele
Unternehmen A kauft von Unternehmen B Waren im Wert von 1.000 €. Auf der Rechnung sind 19% Mehrwertsteuer (= Umsatzsteuer), also 190 € aufgeführt. Die Gesamtrechnung beträgt also 1.190 €. Der Betrag in Höhe von 190 € kann nun von Unternehmen B bei der Umsatzsteuervoranmeldung als Vorsteuer angegeben werden.
Berechnung der Mehrwertsteuer
Fall 1: Wie errechnet sich die der Bruttobetrag ausgehend vom Nettobetrag?
Bruttobetrag = Nettobetrag + Nettobetrag * 0,19
oder Alternativ:
Bruttobetrag = Nettobetrag * 1,19
Beispiel: Der Rechnungsbetrag sei netto 1.000 €. Damit liegt der Bruttobetrag bei
1.000 € + 1.000 € * 0,19 = 1190 € (der zweite Term entspricht dem Steuerbetrag, also 190 €)
Alternativ: 1.000 € * 1,19 = 1190 €
Ein Tipp zum Schätzen des Bruttobetrags: wenn eine schnelle Schätzung benötigt wird, die sich im Kopf ausrechnen lässt, empfiehlt es sich den Nettobetrag zu runden und dann zweimal 10% addieren. Zum Beispiel läge der Nettopreis bei 3.970 €. Aufrunden ergibt 4.000 €, davon 10% ergibt 400 €. Das Ganze multipliziert mit zwei ergibt 800 € Umsatzsteuer und einen geschätzten Gesamtbetrag von 4.800 €. Dieser Wert entspricht zu mehr als 98% dem exakten Ergebnis.
Fall 2: Wie errechnet sich der Nettobetrag ausgehend vom Bruttobetrag?
Nettobetrag = Bruttobetrag / 1,19
Beispiel: Der Rechnungsbetrag sei brutto 1.000 €. Damit liegt der Nettobetrag bei
1.000 € / 1,19 = 840,34 € (die Steuer ist hier die Differenz von brutto und netto, also 159,66 €)
Auch hier ein Tipp für eine schnelle Schätzung des Nettobetrags: Den Betrag aufrunden und dann durch 1,2 teilen. Zum Beispiel läge der Bruttopreis bei 3970 €. Aufrunden ergibt wieder 4.000 €. Dividieren durch 1,2 ergibt 3333,33 €. Dieser Wert entspricht zu über 99% dem korrekten Ergebnis.