Freiberufler sind Selbstständige, die einen freien Beruf ausüben. Ihren Ursprung haben die freien Berufe in der römischen Antike, wo Angehörige der freien Künste („artes liberales“) weitreichende Privilegien und Immunität genossen. Zu den freien Künsten zählten damals insbesondere Tätigkeiten, die dem Gemeinwohl dienten, darunter die Ausübung von Heilberufen, Wissenschaft und Lehre, Architektur und die Bildhauerei. Bis heute haben sich viele dieser Berufsbilder ihren Sonderstatus erhalten. Wer in einem freien Beruf selbstständig tätig ist, kommt in den Genuss zahlreicher Erleichterungen und Sonderrechte: Vereinfachte Buchführung, weniger Melde- und Prüfvorschriften und eine geringere Steuerbelastung. Voraussetzung dafür ist allerdings eine deutliche Abgrenzung von gewerblichen Tätigkeiten, die gerade in der heutigen Zeit oft schwerer fällt als früher.
Was ist eine freiberufliche Tätigkeiten?
Freiberufliche Tätigkeiten sind Tätigkeiten, bei denen die Dienstleistung am Menschen und der persönliche Einsatz des Dienstleisters im Vordergrund stehen. In der Regel sind dies Berufe, für die eine hohe Qualifikation benötigt wird. Für die Ausübung der meisten freien Berufe ist deshalb oft ein Hochschulabschluss oder eine höhere Bildung Voraussetzung.
Das Einkommensteuergesetz kennt eine ganze Reihe von Berufen, die als freiberufliche Tätigkeit anerkannt werden können. Dazu gehören insbesondere:
- Heilberufe: Ärzte, Tierärzte, Krankengymnasten, Zahnärzte, Heilpraktiker, Psychologen, Heilmasseure.
- Rechts- und steuerberatende Berufe: Anwälte, Wirtschaftsprüfer, Notare, Steuerberater, vereidigte Buchprüfer.
- Technische Berufe: Ingenieure, Architekten, Lotsen, Sachverständige.
- Kultur- und Wissenschaftsberufe: Wissenschaftler, Journalisten, Dolmetscher, Bildhauer, Kunstmaler, Schriftsteller.
- sowie Privatlehrer, Erzieher und ähnliche Berufe.
Diese Berufe wurden bereits vor über 50 Jahren im Einkommensteuergesetz festgelegt und werden Katalogberufe genannt. Da sich die Tätigkeitsbereiche von Berufen im Laufe der Jahrzehnte oft verändern und ständig neue Berufsbilder entstehen, ist die heutige Abgrenzung zu einer gewerblichen Tätigkeit nicht immer einfach. Im Regelfall entscheidet deshalb das zuständige Finanzamt, ob eine Geschäftstätigkeit als freie Tätigkeit anerkannt werden kann. Bei gänzlich neuen Berufsbildern müssen oft erst Gerichte entscheiden, ob es sich dabei um einen den Katalogberufen „ähnlichen Beruf“ (auch: Analogberuf) handelt, der auch freiberuflich ausgeübt werden kann.
Abgrenzungsschwierigkeiten können zudem entstehen, wenn ein Steuerpflichtiger sowohl freiberuflich als auch gewerblich tätig ist. Besteht zwischen beiden Tätigkeiten kein wirtschaftlicher oder sachlicher Zusammenhang, so müssen diese getrennt voneinander geführt und steuerlich erfasst werden, was zusätzlichen Aufwand bedeutet.
Beispiel:
Der selbstständige Allgemeinmediziner Bernd Müller betreibt neben seiner Praxis noch einen kleinen Online-Shop, in dem er Modellautos verkauft. Da zwischen der freiberuflichen und der gewerblichen Tätigkeit kein sachlicher und/oder wirtschaftlicher Zusammenhang besteht, muss er die beiden Geschäfte getrennt voneinander betreiben. Die getrennte Führung der beiden Geschäftstätigkeiten bedeutet für Bernd Müller einen höheren Zeit- und Kostenaufwand (z.B. durch mehr Bürokratie, höhere Steuerberaterkosten usw.). Dafür kann er aber auch, in seiner Tätigkeit als Mediziner, weiterhin von den Vorteilen für Freiberufler profitieren.
Besteht zwischen einer freiberuflichen und einer gewerblichen Tätigkeit allerdings ein sachlicher und/oder wirtschaftlicher Zusammenhang, so kann dies zum Verlust der steuerlichen Anerkennung als Freiberufler führen.
Beispiel:
Max Schmidt arbeitet als selbstständiger Werbetexter für große Firmen. Seine Arbeit erfordert ein hohes Maß an Kreativität, ein gutes Sprachgefühl und eine hohe Allgemeinbildung. Um einzelne Durststrecken zu überbrücken nimmt er aber auch kleinere Schreibaufträge an, deren Inhalte ihm von den Kunden vorgegeben werden. Zusätzlich kümmert er sich um die schriftliche Beantwortung von Kundenbeschwerden eines befreundeten Unternehmers. Alle seine Tätigkeiten haben direkt mit dem Schreiben zu tun, aber nur seine Tätigkeit als Werbetexter kann freiberuflich ausgeübt werden. Das Finanzamt kann hier einen Gewerbebetrieb unterstellen und ihm damit die steuer- und handelsrechtlichen Vorteile eines Freiberufler versagen.
Bei gemischten Tätigkeiten wird deshalb meist versucht einen sachlichen- und wirtschaftlichen Zusammenhang zu vermeiden. Gerade bei sehr ähnlichen Tätigkeiten, ist dies aber oft nur schwer möglich.
Vorteile einer freiberuflichen Tätigkeiten
Freiberuflern wird im täglichen Geschäftsleben eine Vielzahl an Vorteilen gewährt. Zu den bedeutendsten zählen hierbei:
- der Verzicht auf eine Gewerbeanmeldung
- keine Zwangsmitgliedschaft in der IHK
- keine Pflicht zur doppelten Buchführung
- keine Gewerbesteuerpflicht
Besonders der Verzicht auf die Erhebung von Gewerbesteuer und die doppelte Buchführung stellt eine deutliche Besserstellung gegenüber Gewerbetreibenden dar.
Beispiel:
Malermeister Anton Müller hat im letzten Jahr mit seinem Betrieb einen Gewerbeertrag von 100.000 Euro erwirtschaftet. Sein Bruder Bernhard arbeitet freiberuflich als Steuerberater und hat im letzten Jahr 1.000.000 Euro Gewinn gemacht. Anton Müller ist wegen seines hohen Gewerbeertrags zur doppelten Buchführung verpflichtet und muss zusätzlich 6.000 Euro Gewerbesteuer zahlen. Sein Bruder Bernhard kann auf die doppelte Buchführung verzichten (eine einfache Einnahmen-Überschussrechnung ist ausreichend) und unterliegt nicht der Gewerbesteuerpflicht. Obwohl sein Bruder zehn mal mehr Gewinn macht, muss Anton Müller als Gewerbetreibender also deutlich höhere Anforderungen in Form der Buchführung erfüllen und eine höhere Steuerlast tragen.
Berufskammern als Standesvertretung
Viele freie Berufe werden durch eigene Berufskammern vertreten, denen in Form des Standesrechts eine legislative Funktion zukommt: Sie formulieren als zuständige Standesvertretung die Berufsordnung. Gleichzeitig nehmen sie eine beratende Funktion gegenüber dem Gesetzgeber als Interessenvertretung Ihrer Mitglieder wahr.
Zu den größten Berufskammern in Deutschland gehören die:
- Rechtsanwaltskammer
- Steuerberaterkammer
- Notarkammer
- Ärztekammer
- Tierärztekammer
- Zahnärztekammer
Einige Standesvertretungen geben ihren Mitgliedern auch eine Gebührenordnung vor, nach der Mitglieder ihre Leistungen abzurechnen haben. Die Gebührenordnungen sind für alle Mitglieder des jeweiligen Berufsstandes verpflichtend und sollen vor Willkür bei der Rechnungslegung und Preisdumping schützen. In Deutschland finden solche Gebührenordnungen vor allem im Bereich der Heilkunde (Gebührenordnungen für Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte) und im Bereich der Rechts- und Steuerberatung (Anwälte, Notare und Steuerberater) ihre Anwendung.
Freiberufler in Personengesellschaften
Freiberufler können sich auch mit anderen Freiberuflern zu einer Personengesellschaft zusammenschließen. Wenn mehrere Freiberufler zusammen eine Tätigkeit ausüben wollen, dann wählen sie dafür oft die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (siehe hierzu GbR im Unternehmerlexikon) oder eine Partnerschaftsgesellschaft als Rechtsform.
Lange Zeit war für Freiberufler die Gründung einer GbR die einzige praktikable Form der Zusammenarbeit in einer Personengesellschaft. Eine GbR stellt allerdings immer auch ein hohes persönliches Haftungsrisiko dar, da hier jeder Gesellschafter auch für die Schäden der anderen Gesellschafter unbegrenzt mithaftet.
Die offene Handelsgesellschaft (siehe auch OHG im Lexikon) ist als Gesellschaftsform für Freiberufler grundsätzlich nicht geeignet, da sie nur Handelsgewerbetreibenden offen steht. Ein Handelsgewerbe kann aber niemals eine freiberufliche Tätigkeit sein. Bei einer KG sieht es ähnlich aus: Einigen Freiberuflern, wie Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern steht die Gründung einer GmbH & Co. KG zwar offen, die Gesellschaft kann aber nur für gewerbliche Treuhändergeschäfte genutzt werden. In der Praxis werden diese Beschränkungen manchmal vergessen – mit oft fatalen Folgen für die Inhaber: Sobald eine KG hauptsächlich freiberufliche Tätigkeiten ausübt, fehlt ihr die Gewerblichkeit und sie verliert damit ihren Status als KG. Im Streitfall wird eine solche „Schein-KG“ vor Gericht wie eine GbR behandelt, auch wenn die Gesellschaft noch als KG im Handelsregister eingetragen ist. Eine Haftungsbeschränkung, die einer der Hauptgründe für die Wahl der KG als Rechtsform ist, geht damit verloren.
Um für Freiberufler das Haftungsrisiko in einer Personengesellschaft zu minimieren, wurde 1995 die Rechtsform der Partnerschaftsgesellschaft eingeführt. Sie steht ausschließlich Freiberuflern zur aktiven gemeinsamen Ausübung einer freien Tätigkeit offen. Eine reine Kapitalbeteiligung oder Aufnahme von juristischen Personen als Gesellschaftern ist nicht möglich. Dafür bietet diese Rechtsform einen Vorteil, den eine GbR nicht bieten kann: Eine Haftungsbeschränkung auf den handelnden Gesellschafter. Während die Gesellschafter einer GbR gesamtschuldnerisch auch für die Fehler ihrer Partner haften und einstehen müssen, werden bei einer Partnerschaftsgesellschaft Schäden, die aus einer fehlerhaften Berufsausübung entstehen, auf den jeweilig handelnden Gesellschafter beschränkt. Unterläuft also beispielsweise einem Arzt einer Partnerschaftsgesellschaft ein Behandlungsfehler, so kann nur dieser dafür haftbar gemacht werden, nicht aber die anderen Gesellschafter bzw. anderen Ärzte der Gemeinschaftspraxis. Für Schäden, die nicht aus einer fehlerhaften Berufsausübung entstehen, haften alle Partner aber auch in einer Partnerschaftsgesellschaft weiterhin gesamtschuldnerisch.
Ist eine gesetzliche Haftungsbeschränkung gewünscht, so steht Freiberuflern auch die Gründung einer GmbH offen. Dem Vorteil der gesetzlichen Haftungsbeschränkung der GmbH steht hier allerdings wieder ein großer Nachteil gegenüber: Der Verlust der mit der freiberuflichen Tätigkeit einhergehenden Vorteile. GmbHs sind laut Rechtsform Gewerbebetrieb und damit gewerbesteuerpflichtig, auch wenn ausschließlich Freiberufler Gesellschafter sind und von der GmbH nur freiberufliche Tätigkeiten ausgeübt werden. Das gleiche gilt für alle anderen steuer- und handelsrechtlichen Regelungen (siehe hierzu auch Artikel HGB im Lexikon), wie z.B. die Pflicht zur doppelten Buchführung und Bilanzierung (siehe auch Artikel Bilanz im Unternehmerlexikon).
Bei der Wahl der passenden Rechtsform für eine Personengesellschaft, GbR oder Partnerschaftsgesellschaft, gilt es also besonders die unterschiedlichen Haftungsrisiken zu beachten. Wer die Haftung grundsätzlich beschränken will, dem steht die Gründung einer GmbH offen. Die gesetzliche Haftungsbeschränkung der GmbH hat für Freiberufler allerdings einen hohen Preis: Der Verzicht auf alle steuer- und handelsrechtlichen Vorteile, die der Gesetzgeber den Freien Berufen gewährt.