Standortanalyse

Standortanalyse

Der Standort ist für ein Unternehmen der geographische Ort für Vertrieb, Erstellung oder Verwertung von Produkten oder Dienstleistungen. Standortfaktoren geben Auskunft darüber, ob und in welchem Umfang ein Standort für ein Unternehmen geeignet ist. Abhängig von der genauen Art des Unternehmens kann der Standort entscheidend für Erfolg oder Misserfolg des Unternehmers sein. Für viele Unternehmensgründungen ist der Standort so entscheidend, dass die Standortanalyse ein fester Bestandteil des Businessplans ist.

Standortlehre

Die klassischen Ansätze der Standortanalyse haben ihren Ursprung in den Werken Heinrich von Thünens, der sich mit seinen Ausführungen in Der isolierte Staat in Beziehung auf Landwirtschaft und Nationalökonomie mit seiner Standortlehre ausschließlich auf die Landwirtschaft bezieht und Alfred Webers, der von Thünens Ansatz aufgriff, modifizierte und auf Industriestandorte bezog. Weber versuchte damit bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu erläutern, wie die optimale Standortwahl unter Berücksichtigung betriebswirtschaftlicher Kriterien durchzuführen ist. Damit wurde seine Monographie Über den Standort der Industrien zum Wegbereiter für die klassische Standortlehre.

Standen für Weber bei der Standortwahl vor allem Transportkosten, Arbeitskosten und Agglomerationskosten im Vordergrund, wurde sein Modell im Laufe der Jahre immer wieder weiterentwickelt, modifiziert, ergänzt und angepasst.

Standortfaktoren

Die Merkmale eines Ortes, die diesen betriebswirtschaftlich bewertbar machen, werden als Standortfaktoren bezeichnet. Durch die Standortfaktoren lassen sich einzelne Standorte miteinander vergleichen. In der gängigen Literatur wird zwischen quantitativen und qualitativen oder auch zwischen harten und weichen Standortfaktoren unterschieden.

Quantitative Standortfaktoren sind dabei in der Regel einfach in Zahlen auszudrücken und messbar. qualitative Faktoren sind weniger leicht zu erfassen.

Das Begriffspaar der harten und weichen Standortfaktoren ist ähnlich konnotiert, jedoch nicht vollkommen synonym zum Begriffspaar der quantitativen und qualitativen Faktoren.

Standortfaktoren sollten nicht unabhängig voneinander betrachtet werden. Zudem muss bei der Standortanalyse berücksichtigt werden, dass die Faktoren sich im Laufe der Zeit verändern können. Sie sind dynamisch.

Quantitative Standortfaktoren

Als quantitative Standortfaktoren werden Merkmale eines Standortes bezeichnet, die sich leicht in Zahlen ausdrücken lassen und messbar sind. Mit ihrer Hilfe kann der Nutzen eines Standortmerkmals als mathematische Größe ausgedrückt werden. Quantitative Standortfaktoren können als Rechengröße in mathematischen Verfahren wie bei Scoring Modellen herangezogen werden.

Beispiele für quantitative Standortfaktoren:

Pachtkosten, Mietkosten, Grundstückskosten, Personalkosten, Grundsteuer, Gewerbesteuer, Kaufkraft potentieller Kunden vor Ort, Arbeitszeiten, Transportkosten

Qualitative Standortfaktoren

Der Nutzen der qualitativen Standortfaktoren ist schwer in konkreten Zahlen auszudrücken und muss geschätzt werden. Dennoch können je nach Art des Unternehmens die weichen Standortfaktoren entscheidend für den Erfolg sein.

Beispiele für qualitative Standortfaktoren:

Grundstückslage, Infrastruktur, Verkehrslage, Freizeitwert der Umgebung, Lebensqualität der Region, kulturelles Angebot, Nähe zum Kunden.

Harte und weiche Standortfaktoren

Bei der Unterscheidung zwischen harten und weichen Standortfaktoren kommt es nicht nur darauf an, wie einfach sich die Faktoren in Zahlen ausdrücken lassen, sondern ebenso auf die Gewichtung des Faktors für das einzelne Unternehmen. So kann hier ein zumeist weicher Standortfaktor wie der Freizeitwert der Umgebung für ein Unternehmen wie einen Fahrradverleih zu einem harten Standortfaktor werden, der weniger auf einer subjektiven Einschätzung beruht. Für einen Einzelhändler ist die räumliche Nähe zum Kunden gegebenenfalls wichtiger als ein günstiger Mietpreis für den Verkaufsraum.

Harte Standortfaktoren sind hier die Faktoren, die weitestgehend direkt auf die Herstellung oder den Verkauf eines Produkts oder die Möglichkeit zur Erbringung einer Dienstleistung Einfluss nehmen und sich dadurch in der Bilanz mehr oder weniger eindeutig niederschlagen.

Die weichen Standortfaktoren spiegeln persönliche Vorlieben der Entscheidungsträger des Unternehmens ebenso wie Präferenzen der Beschäftigten. Es handelt sich um subjektive Einschätzungen, in Bezug auf Lebens- und Arbeitsbedingungen am Standort, die nur schwerlich in eine Kostenrechnung einfließen können, deren Bedeutung aber nicht unterschätzt werden sollte.

Die weichen Standortfaktoren kann man noch einmal in weiche unternehmensbezogene und weiche personenbezogene Faktoren unterteilen. Erstere meinen Faktoren, die unmittelbar Einfluss auf die Unternehmenstätigkeit oder auf die Betriebstätigkeit haben, wie politische Entscheidungen und Gegebenheiten oder das wirtschaftliche Klima am Standort.

Quantitative bzw. harte Standortfaktoren allein bilden selten ein realistisches Bild für einen bestmöglichen Unternehmensstandort ab. Sie werden immer durch die Berücksichtigung der qualitativen bzw. weichen Standortfaktoren ergänzt und vervollständigt.

Eine Standortanalyse muss branchenbezogen sein, um zu einem sinnvollen Vergleich und einer richtigen Bewertung zu führen.

Vorgehen bei der Standortanalyse

Das genaue Vorgehen bei einer Standortanalyse ist abhängig von der Art des Unternehmens. Allgemein lässt sich festhalten, dass es verschiedene Ansätze der Standortanalyse gibt, an denen sich ein Unternehmen orientieren kann. Zu diesen Verfahren gehören als klassische Verfahren zum Beispiel die Nutzwertanalyse und die Profilmethode. Diese zeichnen sich durch eine einfache Handhabung und Anwendbarkeit aus. Sowohl quantitative als auch qualitative Faktoren werden in die Analyse eingebunden. Kritisiert wird an den klassischen normativen Ansätzen, dass sie ein relativ starres Konstrukt bilden, indem sie voraussetzen, dass sich Akteure eines Unternehmens nach einem bestimmten Muster und überwiegend rational und zielorientiert verhalten. Zudem basieren gerade die beiden genannten Verfahren stark auf subjektiven Einschätzungen der Durchführenden.

Ganz konkret wird bei einer Standortanalyse in der Regel wie folgt vorgegangen:

  • Zunächst werden die genauen Anforderungen an einen Standort definiert, die für das konkrete geschäftliche Vorhaben relevanten Standortfaktoren werden ausgewählt.
  • Die auf den Standortanforderungen basierenden Standortfaktoren werden unterschiedlich gewichtet. Zu diesem Zweck wird auf ein bestimmtes Bewertungssystem wie eine Punktebewertung zurückgegriffen.
  • Anschließend wird ein Standortsuchraum eingegrenzt – Standortalternativen werden festgelegt.
  • Anhand der Standortfaktoren werden der Standortsuchraum bzw. die Standortalternativen bewertet. Ein Ranking der Standortalternativen wird erstellt.

Standortwahl im Unternehmenszyklus

Die Entscheidung für einen Standort und die damit zusammenhängende Standortanalyse kann für ein Unternehmen nicht nur in der Gründungsphase von Relevanz sein. Auch während der Umsatzphase sind Szenarien denkbar, in denen eine erneute Standortanalyse wichtig wird. Dies kann durch eine Expansion des Standorts, eine Zentralisation, eine Dezentralisation oder eine Verlagerung bedingt sein.

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