Den Begriff Grenzkosten findet man in der Kosten- und Leistungsrechnung sowie in der Mikroökonomie. Die Grenzkostenbetrachtung im Rahmen der Teilkostenrechnung bzw. Deckungsbeitragsrechnung (siehe Artikel Deckungsbeitrag und Break-Even-Point im Unternehmerlexikon) eignet sich jedoch nur für kurzfristige Preisberechnungen. Hierbei werden verschieden Kostenbezeichnungen unterscheiden:
Fixkosten fallen bei der Produktion von Erzeugnissen oder bei der Erbringung von Dienstleistungen unabhängig von der Menge der hergestellten Einheiten an. Typische Beispiele sind Mieten, Gehälter von Angestellten und Abschreibungen. Zu den Fixkosten zählen alle Kostenpositionen des Unternehmens, die sich nicht eindeutig einem produziertes Stück zuordnen lassen.
Variable Kosten werden oft auch als Stückkosten des Produktes bezeichnet. Zu ihnen gehören die Materialkosten, die bei der Produktion anfallen, sowie die zurechenbaren Lohnkosten. Stückkosten steigen in der Regel linear mit der Ausbringungsmenge der Produktion. Sie lassen sich relativ schnell ermitteln.
Durchschnittskosten errechnen sich aus der Summe der fixen und der variablen Kosten (siehe auch Artikel variable Kosten im Unternehmerlexikon), die durch die produzierte Menge geteilt wird. Mit der steigenden Produktionsmenge fallen die Durchschnittskosten, denn die fixen Kosten werden auf immer mehr Produkte verteilt.
In der Betriebswirtschaftslehre sind als Grenzkosten jene Kosten definiert, die bei der Herstellung einer weiteren Produkteinheit anfallen. Bei einem linearen Kostenverlauf sind die Grenzkosten oft mit den Stückkosten identisch.
Beispiel für die Entstehung von Grenzkosten
Ein Hersteller hochwertiger Kinderfahrräder verbucht Fixkosten für die Miete seiner Produktionshallen sowie der Verwaltungsräume, für Verwaltungskosten, Abschreibungen und weitere Ausgaben in Höhe von 10.000 €. Diese Kosten fallen jeden Monat an, auch wenn die Produktion in den Weihnachtsferien gar nicht läuft. Bei der Stückkalkulation werden für jedes Fahrrad Material- und Lohnkosten in Höhe von 120 € ermittelt. Dabei muss berücksichtigt werden, dass der Reifenhersteller einen Rabatt in Höhe von 10 Prozent ab dem 100. eingekauften Satz je Monat gewährt. Im Beispiel sind das 5 Euro pro Satz.Die Gesamtkosten für die Produktion steigen linear. Schon bei einer Null-Produktion liegen sie bei 10.000 €, denn das sind die monatlichen Fixkosten. Bei der Herstellung von einem Fahrrad betragen die gesamten Kosten 10.120 €, bei zwei Fahrrädern 10.240 €. Mit jedem Fahrrad, das weiterhin produziert wird, steigen die Kosten um 120 €. Bei 100 Stück Rädern müssen Gesamtkosten von 22.000 € aufgebracht werden. Danach wirkt sich der Rabatt der Reifenlieferanten aus, die Kosten steigen dann nicht mehr um 120 €, sondern nur noch um 115 €. Der Fahrradhersteller könnte im Ein-Schicht-System monatlich 250 Fahrräder produzieren.
Die Grenzkosten in unserem Beispiel betragen also zuerst 120 €, dann bei Erreichen der 100-Stück-Marke nur noch 115 €. Um diesen Betrag steigen die Gesamtkosten bei der Herstellung eines weiteren Fahrrades.
Die Rolle der Produktionskapazität bei der Kostenrechnung
In einer Produktion von Waren oder bei der Erbringung von Dienstleistungen steigen die Gesamtkosten linear in Abhängigkeit von der Ausbringungsmenge. Dieser Idealfall funktioniert nur so lange, wie die erforderlichen Produktionskapazitäten bereitgestellt werden können.
In unserem Beispiel liegt die Kapazitätsgrenze bei 250 Stück im Monat. Mit einem zusätzlichen Auftrag über 100 Fahrräder in den nächsten drei Monaten wird diese deutlich überschritten. Damit steigen die Fixkosten sprunghaft. Die Gründe dafür können vielfältig sein. Die Abarbeitung von Zusatzaufträgen erfordert das Arbeiten in einer zweiten Schicht. Dafür werden neue Mitarbeiter eingestellt. Deren Lohnkosten zählen zwar zu den variablen Kosten, aber die Kosten für den neuen Produktionsmeister erhöhen wiederum die fixen Kosten. Außerdem wird der Maschinenpark deutlich höher beansprucht, das schlägt sich in einer höheren Abschreibungsrate nieder. Für die Lagerung des höheren Inputbedarfs muss eine weitere Lagerhalle angemietet werden. Mit dem 251. Stück, das produziert werden soll, steigen also die Grenzkosten.
Grenzkosten im nicht linearen Kostenverlauf
In der unternehmerischen Praxis wird sich ein linearer Kostenverlauf nur selten finden lassen. In der Regel gehen die Betriebswirtschaftler davon aus, dass sich die Grenzkosten mit der steigenden Produktionsmenge verringern, solange die Kapazität ausreichend ist. Verantwortlich hierfür sind sogenannte Skalenerträge und Lerneffekte. Dabei wird berücksichtigt, dass die Produktion eines Stückes stets eine bestimmte Zeit benötigt. Mit der Erhöhung des Outputs steigt die Erfahrung der Mitarbeiter, sie können ihre Arbeitsgänge immer besser und effektiver erfüllen. Eine gewisse Spezialisierung stellt sich ein, in dem Teammitglieder die Aufgaben übernehmen, die sie am besten ausüben. Im Laufe der Zeit werden Verbesserungsvorschläge umgesetzt, so dass in der vorgegebenen Zeit mehr Produkte hergestellt werden können. Damit sinken die Grenzkosten. Erst mit Erreichen der Kapazitätsgrenze werden sie wieder deutlich steigen.
Mathematische Bestimmung der Grenzkosten
Mathematisch gesehen ergeben sich die Grenzkosten durch die erste Ableitung der Kostenfunktion K(x).
Beispiel:
Hierzu zwei Beispielhafte Kurvernverläufe der Grenzkosten. Das erste Beispiel zeigt die Grenzkosten bei einem lineare Kostenverlauf für die FunktionK(x)=2x+3 (mit entsprechender Grenzkostenfunktion K'(x)=2)
und die zweite Grafik zeigt ein Beispiel für Grenzkosten bei nicht linearen Kostenverlauf für die Funktion
K(x)=2x²+3 (mit entsprechender Grenzkostenfunktion K'(x)=4x)
Grenzkostenbetrachtung bei unternehmerischen Entscheidungen
Für Unternehmer ist es wichtig, die einzelnen Kostengrößen genau zu kennen. Fixe und variable Kosten sind die Grundlage von Preiskalkulationen (siehe hierzu auch Artikel Preisbildung im Lexikon). Die Grenzkosten beeinflussen Entscheidungen über die Annahme von zusätzlichen Aufträgen oberhalb der Kapazitätsgrenze und sie treffen Aussagen zur Gewinnoptimierung im Unternehmen.
Bei einem hohen Beschäftigungsgrad werden alle Fixkosten durch die Verkaufserlöse bereits gedeckt. Sollen wie in unserem Beispiel zeitweise weitere Aufträge übernommen werden, müssen dann nur die Grenzkosten betrachtet werden, die dann anfallen werden. In diese fließen die oben beschriebenen sprungfixen Kosten und eventuell steigende variablen Kosten (etwa durch Überstundenzuschläge) mit ein. Damit kann ein zusätzlicher Auftrag sogar übernommen werden, wenn nur ein verringerter Erlös erzielt werden kann. Der Mindestverkaufspreis (oder die Preisuntergrenze) lässt sich gut errechnen, er muss mindestens den Grenzkosten entsprechen.
Auf der Basis der Grenzkostenrechnung kann für die Kunden oder auch für einen Außendienst ein attraktives Rabatt- oder Bonussystem eingeführt werden. Je höher die Auftragsmengen sind, umso niedriger die Grenzkosten. Wenn mit diesen Aktionen die Kapazität ausgelastet wird, lohnt sich die Beteiligung dritter. Selbst wenn man geringfügig oberhalb der Kapazitätsgrenze arbeitet, steigen die Grenzkosten nur gering an, zum Beispiel durch Überstunden-Zuschläge.
Gewinnoptimierung ist das Ziel eines jeden Unternehmers. Bei einem nicht linearen Kostenverlauf kann das Unternehmen dann den höchsten Gewinn erzielen, wenn seine Grenzkosten am niedrigsten sind. Sind die Erlöse und die Fixkosten gleichbleibend, dann bestimmen die Grenzkosten seinen Gewinn. Bei einer Erweiterung der Produktion für einen höheren Output und einer damit verbundenen Erhöhung der Kapazität entstehen stets wieder höhere Grenzkosten. Unternehmerisch ist also abzuwägen, in welcher Zeit sich die Grenzkosten wieder verringern und ob sich das Ganze dann überhaupt lohnt.
Siehe ergänzend auch Artikel Gemeinkosten , Preisbildung und Opportunitätskosten im Lexikon.