Der Begriff, in Deutsch „Querverkauf“, kennzeichnet eine Vermarktungsstrategie. Ziel ist es, den Erlös pro Umsatzvorgang zu erhöhen und gleichzeitig die Attraktivität des Anbieters sowie seines Produkt- und Servicespektrums in der Wahrnehmung des Kunden zu steigern. Als geeignete Maßnahme dafür gilt das zusätzliche Angebot ergänzender Artikel oder Leistungen, auch im Verbund mit dem ursprünglichen Kaufgegenstand.
Ein Beispiel aus der täglich erlebbaren Praxis:
Tankstelle an der Ausfallstraße, morgens 6.15 Uhr: Ein Kunde betritt den Verkaufsraum. Die Kassiererin begrüßt ihn freundlich. Etwas müde blickend nennt er die Nummer der Zapfsäule, an der er gerade getankt hat. Noch bevor die Frau hinter dem Tresen den Kassenrechner bedient, fragt sie zuvorkommend: „Darf ich Ihnen einen Kaffee für unterwegs zu unserem heutigen Sonderpreis von einem Euro anbieten?“ Spontan stimmt der Kunde zu. Kaum hat er bezahlt, wird ihm sein Heißgetränk mit einem strahlenden Lächeln und guten Wünschen für den Tag überreicht.Der noch müde Kunde hat, animiert durch den aromatischen Kaffeeduft im Verkaufsraum und die charmante Kassiererin, den ihm entstehenden Nutzen dieses Zusatzangebots mühelos erkannt. Nach den ersten Schlucken kann er deutlich munterer seine Fahrt fortsetzen.
Cross Selling und was es nicht ist
Anhand dieser Szene werden die wichtigsten Komponenten zum Thema „Cross Selling“ deutlich: Der Kunde, der gerade ein Produkt oder eine Dienstleistung kauft, erhält flankierend ein weiteres verlockendes Angebot, das ihm einen sofort erkennbaren Nutzen bringen kann. Dabei muss es sich nicht um einen Artikel aus derselben Kategorie handeln. Wie im obigen Beispiel ist nur ausschlaggebend, dass dieses Zusatzangebot aus Kundensicht einfach passt. Im Falle des Herrenausstatters, der neben Anzug, Hemd und Krawatte noch Eintrittskarten für ein schnell ausverkauftes Konzert anbietet, bestünde der Zusatznutzen für den Kunden darin, dass er jetzt nicht nur seine Teilnahme an der begehrten Veranstaltung gesichert, sondern auch noch Zeit und Energie für die unumgänglichen Aktivitäten zur Ticket-Beschaffung eingespart hat. Es kann sich bei den Zusatzangeboten auch um komplementäre Produkte handeln, die sich gegenseitig bedingen. Beispielhaft dafür ist, wenn ein Verkäufer dem Kunden beim Erwerb eines hochwertigen Laserdruckers zusätzlich zu der zwingend erforderlichen Toner-Patrone „auf Vorrat“ eine Ersatzkartusche zum Sonderpreis anbietet.
Cross Selling bedeutet, mehr zu verkaufen, als der Kunde ursprünglich zu erwerben beabsichtigt hat, mit Angeboten, die für ihn einen leicht fasslichen, vorzugsweise unmittelbaren (Zusatz-)Nutzen darstellen. Auf den ersten Blick ähnliche Ziele verfolgend, doch im Kern etwas völlig anderes bedeutet Upselling: Dabei wird dem Kunden ein größeres Modell, mehr Funktionen oder eine hochpreisigere Marke verkauft, also Dinge, die er offensichtlich gar nicht benötigt und eigentlich gar nicht will. Dies erzeugt häufig den Negativ-Effekt, dass der Käufer sich übervorteilt fühlt und konsequenterweise beim nächsten Kauf den Anbieter wechselt. Eine weitere, aus unternehmerischer Sicht ebenfalls unerwünschte Konsequenz daraus zeigt sich darin, dass die Anforderungen des Kunden dank des Leistungsspielraums auf einen so langen Zeitraum mit dem erworbenen Produkt abgedeckt sind, dass der nächste Ersatzkauf auf sich warten lässt.
Schlüsselfaktor Kundennutzen
Ein Kunde kauft dann mehr, als er unmittelbar benötigt, wenn sich daraus für ihn eine Befriedigung ableitet. Diese kann darin bestehen, als einer der Ersten das trendige Markenprodukt X des angesagten Herstellers Y zu besitzen oder beim Gang zur Postagentur auch gleich seine Textilien zur Reinigung abgeben zu können oder beim Kauf seiner Lebensmittel vom Sonderpreis für einen Staubsauger so spontan überzeugt zu werden, dass der völlig ungeplant im Einkaufswagen landet. Die Auslöser sind so zahlreich wie unterschiedlich. Deutlich schwieriger ist es festzustellen, wann welcher Kunde von welchem Angebot zu einem ungeplanten Zusatzkauf animiert werden kann.
Am Anfang steht das Sammeln und Auswerten von Informationen über die aktuellen und für die Zukunft erhofften Kunden. Das erklärt auch, warum Daten über die jeweiligen Zielpersonen und ihr Einkaufsverhalten so wertvoll geworden sind und riesige Investitionen für Programme und Methoden aufgewendet werden, um diese Profile zu generieren. Dazu dienen beispielsweise auch Preisausschreiben, Kundenkarten, Rabatt- und Payback-Aktionen, Newsletter- und Probe-Abo-Angebote sowie Umfragen per Telefon, E-Mail oder sonstigen mobilen Kommunikationsmedien.
Zielführender Umgang mit Kundeninformationen
Bei einem überschaubaren Kundenstamm und einer ebensolchen Zielgruppe, beispielsweise im Bereich hochwertiger Investitionsgüter oder begehrter Bauteile, hängt es primär vom Geschick des Kundenbetreuers ab, inwieweit er sich mit dem Bedarfsspektrum des für die Kaufentscheidung Verantwortlichen, des Unternehmens und der Mitarbeiter, die das Angebot später nutzen sollen, vertraut machen kann. Mit aktivem Zuhören, womit geeignete Verstärkungen an der richtigen Stelle sowie weiterführende (teilnehmend-interessierte, nicht bohrende) Fragen gemeint sind, wird schon viel erreicht. Eine Betriebsbesichtigung, Besuche im Lager, vielleicht verbunden mit dem Einräumen der mitgebrachten Lieferung, ein Plausch mit Kundenmitarbeitern in der Cafeteria erweitern deutlich das Kenntnis-Spektrum. Sehr erhellend kann auch die Teilnahme an einer Firmenveranstaltung sein, bei der Gespräche mit den Besuchern, wie Kunden oder weiteren Lieferanten (siehe auch Artikel Kreditor in unserem Unternehmerlexikon), zusätzliche Informations-Bausteine liefern.
Genauso entscheidend ist danach die sorgfältige und wiederverwendbare Protokollierung der gewonnenen Informationen. Professionelle Unterstützung dazu leistet eine CRM- (Customer Relations Management / Kundenbeziehungs-Management) Anwendung, die es zugeschnitten auf unterschiedliche Branchen und Unternehmensgrößen gibt. Eine solche Software ist kein Datenfriedhof, sondern ein Arbeitsmittel, das nicht nur angepasst konfektionierte Berichte den anderne Beteiligten einer Bestellabwicklung verfügbar macht und damit die reibungslose Zusammenarbeit sicherstellt, sondern vor allen Dingen den Grundstoff liefert für jede ertragreiche Kundenbetreuung. Gleichzeitig erzeugen die so gewonnenen Informationen, konsequent aktualisiert und ausgewertet, auch die Basis für die laufende Optimierung des bestehenden Angebots, der Neuentwicklung von Produkten und der Marktbeobachtung, um möglichst frühzeitig Einblicke in das Verhalten der Konkurrenz zu gewinnen.
Wege zum Erfolg mit Cross Selling
Ein klassischer spezialisierter Einzelhändler, der nicht Franchise-Nehmer einer Kette ist, kann anhand seines Warenwirtschaftssystems, heute Bestandteil jeder modernen Kasse, feststellen, welche Produkte von welchem Lieferanten in welchem Zeitraum wie häufig gekauft wurden. Über mehrere Messperioden verfolgt, sind saisonale oder andere Einflussgrößen herausrechenbar. Außerdem kennt das Personal die Kunden und kann sie mit entsprechender Schulung und Erfahrung auch einschätzen, vielleicht auch mal im Laufe eines kleinen Schwatzes besondere Interessen herausfiltern. So kann beispielsweise ein großstädtischer Käsehändler aus diesen Infos einen Cross Selling-Ansatz generieren, indem er zusätzlich Oliven und getrocknete Tomaten, Kräutermischungen oder gar Raclette- bzw. Fondue-Utensilien sowie einschlägige Kochbücher anbietet. Wie bereits schon häufig in diesem Umfeld zu beobachten, wird Cross Selling auch damit erzielt, dass bedarfsgerecht zusammengestellte und aufbereitete Lieferungen zu privaten Feiern oder Firmenveranstaltungen durchgeführt werden.
Cross Selling kann auch mit ständigen oder projektspezifischen Partnern für beide Seiten einträglich gestaltet werden. Ein einfaches Beispiel dazu ist der umstrittene Sachbuchautor, der vor zahlreichem, Eintritt zahlendem Publikum einen Vortrag zu einer seiner aktuell diskutierten Thesen hält, während eine ortsansässige Buchhandlung in der Pause und nach der Veranstaltung seine Bücher präsentiert und verkauft. Zudem kann der Autor diesen Umsatz (und seine Tantiemen) mittels einer „spontanen“ Signierstunde ankurbeln.
Neben Produkten sind es vor allem die lange Zeit als generell fehlend bemängelten Dienstleistungen („Servicewüste Deutschland“), die sich hervorragend für Cross Selling eignen: Ein Computer-Techniker, der seine Klientel nicht nur mit neuer Hard- und Software, deren Installation und notwendigen Entstörungseinsätzen versorgt, sondern zusätzlich Fernwartung anbietet, erzielt damit gleich zwei Effekte: Eine Fernentstörung oder auch nur –Überprüfung ist leichter und schneller zu realisieren als eine Terminvereinbarung vor Ort und wird daher öfter in Anspruch genommen, zumal auch die Preise dafür (und die tatsächlichen Kosten für den Techniker) niedriger sind. Gleichzeitig fühlt sich der Kunde gut betreut und wird bei Ersatz- und Zusatzkäufen auf jeden Fall den ihm vertrauten Fachmann berücksichtigen.
Chancen und Fallen beim Cross Selling
Auf Dauer ist der Erfolg mit dieser Vermarktungsmethode nur möglich bei sorgfältiger Auslotung der Bedürfnisse der eindeutig definierten Zielgruppe, durch viel Kreativität und Abwechslung beim Gestalten der Zusatzangebote und ganz entscheidend auch mit der richtigen Kundenansprache. Das eingangs erwähnte Beispiel, zu oft oder gar schablonenhaft wiederholt, kann zum Ärgernis werden und dazu führen, dass eine andere Tankstelle mit weniger offensiven Verkaufsmethoden – oder einfach nur anderen Angeboten – angefahren wird.
Ein Verbundangebot aus zwei oder mehr Produkten wirkt auf den Käufer noch einladender, wenn beispielsweise ein Element daraus einen besonders günstigen Preis aufweist. Die gleichzeitige interne Anpassung von Provisionen und Boni an die jeweiligen Cross Selling Aktionen verhindert, dass eventuell hausgemachte Blockaden durch „Benachteiligte“ dieser Preissenkungen den Verkaufserfolg beeinträchtigen.
Wenn das nächste Mal beim betrachtenden Anklicken des Produkts eines führenden Anbieters im Internet der Hinweis erscheint, was andere Käufer dieses Artikels noch erworben haben, so ist dies nichts anderes als eine Form von Cross Selling für Kunden, die nicht persönlich bekannt sind. Vielleicht lässt sich auch daraus ein individualisierter Ansatz für eigene neue Verkaufsstrategien ableiten.
Wer auf das Anbieten von Verbund-Angeboten setzt, der ist außerdem in der Preisgestaltung flexibler. Weiß ich das ich zu meinen Produkten weitere Produkte mit höherer Marge hinzuverkaufen kann (ohne das mir hierfür Kosten für das Marketing oder den Vertrieb entstehen), so kann ich meine Produkte zu günstigeren Preisen am Markt anbieten und dies z.B. aktiv in der Neukundenwerbung nutzen.
Lesen Sie ergänezend auch die Artikel zum Dropshipping und zum Crowdfunding im Lexikon!