Das Brainwriting ist eine spezielle Variante des Brainstormings („Sturm auf das Gehirn“), bei der Ideen auf schriftlichem Wege entwickelt und gesammelt werden. Es gehört zu den Kreativitätstechniken – also zu den Techniken der Ideengenerierung, die das kreative Potenzial einer Gruppe für die Lösung eines Problems nutzbar macht. Als intuitive Methode lassen sich mithilfe des Brainwriting viele Ideen in kürzester Zeit erzeugen. Im Gegensatz zum klassischen Brainstorming, bei dem neue Gedanken mündlich geäußert und von einem Moderator gesammelt werden, werden beim Brainwriting alle aufkommenden Ideen von den jeweiligen Personen selbst schriftlich festgehalten und nicht sofort veröffentlicht.
Beim Brainwriting gelten auch die Grundregeln des Brainstormings:
- Keine Kritik!
- Ideendiebstahl ist ausdrücklich erwünscht!
- Je unkonventioneller und verrückter die Idee, desto besser.
Vor- und Nachteile beim Brainwriting
Die Vorteile der schriftlichen Methoden liegt darin, dass
- gruppendynamische Prozesse nicht hemmend auf die Kreativität einwirken,
- die Anonymität der Vorschläge gewahrt bleibt,
- auch die Ideen introvertierterer Personen genutzt werden können,
- die hierarchische Position der Teilnehmer keinen Einfluss auf den Prozess hat
- die Beteiligten ihre Ideen oft in Ruhe entwickeln können.
Aber es gibt auch Nachteile beim Brainwriting, sie bestehen in
- weniger Spontanität – Ideen können zu lange überdacht werden, dadurch kommen die „inneren Kritiker“ zu Wort und hemmen den freien Fluss der Gedanken
- Mehrfachnennungen
- gegebenenfalls der fehlenden Möglichkeit, die Ideen anderer Teilnehmer weiterzuentwickeln.
Methoden des Brainwriting
Methode 6-3-5: Die in den sechziger Jahren entwickelte Methode hat zum Ziel, innerhalb von nur einer halben Stunde möglichst viele Ideen zu generieren. Hierfür erhalten sechs Teilnehmer ein Blatt Papier, auf dem jeweils eine Tabelle à 6 Zeilen und 3 Spalten aufgezeichnet ist. Jeder der Teilnehmer trägt nun drei Ideen in die erste Zeile ein. Hierfür hat er fünf Minuten Zeit. Danach reicht er das Blatt an den Nachbarn weiter. Dieser kann sich Anregungen aus den Ideen des Vordermanns holen, und trägt dann weitere drei Ideen in die zweite Zeile der Tabelle ein. Jedes Blatt wird so lange weitergereicht, bis es beim Ausgangspunkt angekommen ist. Wichtig ist hierbei, dass während des gesamten Prozesses keine Kritik, weder mündlich noch schriftlich, an den Ideen der Vorgänger geübt wird.
Beispielblatt 6-3-5-Methode für Problem „Einnahmen für das Sommerfest der Schule“
Teilnehmer Idee 1 Idee 2 Idee 3 A Tombola Flaschen sammeln Eigenbeitrag der Teilnehmer B Kuchenbasar Flaschencontainer aufstellen Eltern anschreiben C Verkauf von Selbstgebasteltem nächstgelegenen Supermarkt ansprechen Klassenfahrt billiger planen und Erspartes nutzen. D Verkauf von Gebrauchtwaren Flaschencontainer der Supermärkte leeren keine Klassenfahrt E Spendenaufruf auf der Straße Spendenaufruf mit Plakaten in Supermärkten Spendenaufruf im Internet F Kuchenbasar auf der Straße Spendenaufruf mit Plakaten an Bäumen Flaschen sammeln in der Nachbarschaft
Galeriemethode: Die Galeriemethode ist eine Technik zur Lösung eines fest umrissenen Problems mithilfe einer Gruppe. Sie eignet sich besonders für gemischte Gruppen, die aus Experten verschiedener Gebiete zusammengestellt werden. Nach der Vorstellung des Problems durch einen Moderator skizziert jeder Beteiligte zunächst einmal seinen individuellen Lösungsansatz. Die Lösungen werden dann wie in einer Bildergalerie an der Wand aufgehängt. Nun wird jeder Lösungsansatz in der Gruppe diskutiert, sofern ein Lösungsansatz verworfen wird, ist darauf zu achten, dass die hilfreichen Elemente dennoch identifiziert und in weitere Lösungen integriert werden. Nun werden die Lösungsvorschläge von den Experten individuell weiterbearbeitet und erneut in der Gruppe diskutiert. Die praktikabelsten Lösungsansätze werden im Anschluss von der Gruppe ausgewählt. Hinweis: Hierbei geht es noch nicht um fertige Lösungen. Die Ansätze werden im Anschluss in der Regel von den Fachabteilungen weiterverwendet.
Brainwriting-Pool: Ein Team von optimalerweise sechs bis acht Personen setzt sich an einen Tisch, in dessen Mitte ein Stapel leerer Kartei- oder Metaplankarten liegt. Jeder Teilnehmer nimmt sich eine Karte und notiert eine Idee. Dann werden die Karten wie bei der 6-3-5-Methode an den Nachbarn weitergereicht. Dieser liest sich die Karte kurz durch, ergänzt sie gegebenenfalls und reicht sie weiter. Danach nimmt er sich eine neue Karte aus dem Stapel und fährt mit der Entwicklung eigener Ideen fort. Gelangt eine Karte wieder an den Ausgangsort, so hat der Ideengeber die Möglichkeit, diese Karte zu ergänzen, anschließend gibt er sie auf einen Stapel mit fertig beschriebenen Karten. Andere Teilnehmer haben die Möglichkeit, aus diesem Stapel beschriebene Karten beliebig auszuwählen und zu ergänzen. Der Prozess ist beendet, sobald den Teilnehmern merklich die Ideen ausgehen.
Collective Notebook: Bei dieser Variante führen die Teilnehmer über einen Zeitraum von mehreren Wochen ein Notizbuch bei sich. Auf den ersten zwei Seiten ist das Problem formuliert, auf den folgenden Seiten tragen die Teilnehmer alle Ideen ein, die ihnen zur Lösung des Problems einfallen. Hierbei sind sie von anderen Teilnehmern unbeeinflusst und zeitlich und räumlich unabhängig. Im Anschluss werden die Notizbücher zusammengeführt, gegeneinander abgeglichen und Lösungen konzipiert. Der Nachteil der Methode liegt in der relativ langen Dauer.
Elektronisches Brainstorming: Elektronische Meetingsysteme vereinen den Vorteil der Anonymität und der fehlenden Gruppensituation des Brainwritings mit der Spontaneität und der sofortigen Sichtbarkeit der Ideen bei einem klassischen Brainstorming. Es werden hierzu spezielle EMS-Programme genutzt, die in jüngerer Zeit elektronische Meetings über eine Webanwendung anbieten. Ein speziell in E-Moderation geschulter Gastgeber lädt per E-Mail zu einem elektronischen Meeting ein. Beiträge der Teilnehmer werden sofort nach deren Eingabe in elektronischer Form, jedoch anonymisiert, allen anderen Teilnehmern zur Verfügung gestellt, die darauf unmittelbar reagieren können. Das macht das elektronische Brainstorming auch für eine größere Anzahl Teilnehmer umsetzbar.
Kreatives Schreiben: Verschiedene Techniken des Schreibens haben sich vor allem für Journalisten und Schriftsteller bewährt, um Schreibblockaden abzubauen und frischen Wind in die Gedanken zu bringen. Hierzu gehören zum Beispiel das
Freewriting: Auch als automatisches Schreiben bekannt. Hierbei wird der freie Gedankenstrom genutzt, um Ideen unreflektiert und damit ungehemmt auf das Papier zu bringen. Hierbei wird vom Schreibenden für eine Dauer von wenigen Minuten jeder Gedanke aufgeschrieben. Wichtig ist, dass der Stift nicht abgesetzt wird. In Phasen ohne Einfall werden die letzten Worte wiederholt aufgeschrieben oder solange Wellen auf das Papier gezeichnet bis sich ein neuer Einfall ergibt, der ebenso ungeprüft aufgeschrieben wird. Durch einen Wechsel der Hand und der dadurch provozierten Anregung der anderen Gehirnhälfte entstehen neue, ungewöhnliche Ideen.
Clustering: Auch das Clustering strebt an, beide Gehirnhälften für den Schreibprozess zu nutzen. Hierfür wird von einem zentralen Wort ausgegangen, das in der Mitte des Blattes notiert wird. Um dieses Wort wird ein Kreis gezeichnet. Anschließend werden Assoziationen, die mit dem zentralen Wort in Verbindung stehen, notiert, ebenfalls umkreist und mit weiteren Assoziationen in Verbindung gebracht. Alle Assoziationen, die in einem Zusammenhang miteinander stehen, bilden eine Assoziationskette. Jede neue Assoziationskette wird mit dem zentralen Wort des Cluster-Kerns begonnen. Übrigens: Das Cluster eignet sich auch für das Brainstorming in Gruppen: Während die Gruppe dem Moderator ihre Assoziationen zuruft, ordnet dieser sie auf einem Flipchart oder einer Metaplanwand entsprechend der Clusterstruktur. Die Clustertechnik ähnelt dem vor allem im Fremdsprachenunterricht häufig angewandten Assoziagramm oder „Wortigel“, sowie der Mind Map Technik
Mind Map Technik: Wie beim Clustering werden alle Ideen ausgehend von einer zentralen Fragestellung aufgeschrieben. Hierbei werden Ideen, die in einem direkten Zusammenhang mit der zentralen Fragestellung stehen, auf Linien notiert, die von dieser ausgehen. Weitere Assoziationen, die aus den neuen Ideen entstehen, werden als Zweige angefügt. So entsteht nach und nach ein verzweigtes Bild, das einem Baumdiagramm entspricht. Das Mindmap kann auch in der Gruppenmoderation angewandt werden. Für die Arbeit am Computer bieten zahlreiche Firmen spezielle Software an, die teilweise auch in Office Anwendungen integrierbar ist. Diese Form des digitalen Mindmappings wird auch als Business Mapping bezeichnet.
Weiterführende Techniken
Um aus schon vorhandenen Lösungsansätzen weitere Ideen anzustoßen, bieten sich gezielte Fragen an, wie sie zum Beispiel in der Osborne-Checkliste vorzufinden sind:
Beispiele aus der Osborne-Checkliste
- Gibt es alternative Verwendungen?
- Gibt es alternative Verwendungen, wenn xyz in abgewandelter Form vorläge?
- Zu welchen anderen Ideen regt es an?
- Wie wären andere Farben, Bewegungen, Richtungen, Töne…
- Was lässt sich hinzufügen?
- Was lässt sich vervielfältigen?
- Lässt es sich verkleinern, verkürzen?
- Was würde passieren, wenn man den Ort veränderte?
- Wie würde sich eine Veränderung der Reihenfolge auswirken?
- Lassen sich Rollen oder Aufgaben austauschen?
- Könnte die Idee ins Gegenteil verkehrt werden?
- Wie sähe eine Kombination von Teillösungen aus?
Ergänzend zu diesem Artikel können wir Ihnen auch den Artikel zur Walt-Disney-Methode oder zur Galeriemethode im Lexikon empfehlen. Auch bei dieser Technik handelt es sich um eine Kreativitätstechnik zur Ideenfindung.