Opportunitätskosten

Opportunitätskosten: Entgangene Gewinne bei Entscheidungen

Opportunitätskosten: Entgangene Gewinne bei EntscheidungenOpportunitätskosten begegnet der Wirtschaftsinteressierte vor allem in der Kosten- und Leistungsrechnung. Obwohl weitere Begriffe dafür Alternativ- oder auch Verzichtskosten sind, handelt es sich nicht um tatsächliche Kosten, sondern eigentlich um entgangene Gewinne.

Opportunitätskosten werden oft dann berücksichtigt, wenn betriebswirtschaftliche Entscheidungen für zwei oder mehr Alternativen gesucht werden. Typische Fragestellungen sind:

  • Welcher Artikel wird produziert, wenn die Kapazität begrenzt ist?
  • Welches ist unter Gewinngesichtspunkten das optimale Produktionsprogramm?
  • Welche Investitionen werden getätigt?

Opportunitätskosten bei Finanzierungsentscheidungen

Opportunitätskosten bei der Finanzierungsentscheidung, Kalkulation der FinanzierungInvestoren und Banken erzielen durch die Verzinsung des eingesetzten Kapitals ihre Gewinne. Diese Zinsen werden in den Unternehmen direkt aufwandswirksam verbucht und in den Kalkulationen somit berücksichtigt. Zinsen finden sich in den Fixkosten des Betriebes wieder. Das vom Unternehmer eingesetzte Eigenkapital wird jedoch nicht verzinst. Bei einer betriebswirtschaftlichen Betrachtung darf diese Art der Finanzierung jedoch nicht vergessen werden. Alternativ hätte der Unternehmer sein Kapital auch einer Bank anvertrauen können, hier hätte eine Geldanlage ihm eine sichere Zinseinnahme gebracht. Der entgangene Zinsgewinn sind Opportunitätskosten. In den Kalkulationen des Betriebes werden diese dann als kalkulatorischen Zinsen berücksichtigt. Diese sollten so hoch angesetzt werden, wie eine marktübliche Verzinsung auf dem freien Markt eingebracht hätte. Außerdem wird in der Regel ein Aufschlag für das unternehmerische Risiko (siehe hierzu auch Artikel Risikomanagement im Lexikon) berücksichtigt.

Auch andere Finanzierungsentscheidungen müssen so betrachtet werden. Investitionen (siehe auch Artikel Investment im Lexikon) aus dem Eigenkapital, etwa aus nicht ausgezahlten Gewinnen, in Anlagevermögen müssen sich rentieren. Sie werden erst dann den Gewinn erhöhen, wenn sie mindestens eine Rendite erzielen, die höher als der entgangene Zinsgewinn alternativer Anlagemöglichkeiten sind. Das lässt sich leicht nachrechnen:

Beispiel:
Anschaffungskosten Maschine 1: 100.000 €
Kalkulatorische Zinsen 4%: 4.000 €
Investitionskosten gesamt: 104.000 €

Erlöse je Periode: 50.000 €
Erzielter Gewinn durch die Investition: 5.200 €
Rendite: 5 %

Die Rendite ist höher als die Zinsen, die heute für eine Geldanlage in dieser Größenordnung üblich wäre. Auch ein Risikoaufschlag ist berücksichtigt. Diese Maschine ist damit eine lohnende Investition.

Anschaffungskosten Maschine 2: 120.000 €
Kalkulatorische Zinsen 4%: 4.800 €
Investitionskosten gesamt: 124.800 €

Erlöse je Periode: 50.000 €
Erzielter Gewinn durch die Investition: 5.200 €
Rendite: 4,2 %

Stehen diese beiden Investitionsvarianten zur Wahl, so würde man sich für die erste entscheiden, da sie eine höhere Verzinsung bringt. Der Gewinn wird mit weniger Kapitaleinsatz erreicht. Die Rendite ist entsprechend niedriger.

Der kalkulatorische Unternehmerlohn als Opportunitätskosten

Bei Personen- oder Kapitalgesellschaften finden wir oft einen angestellten Geschäftsführer, dessen Lohnkosten in der Kosten- und Leistungsrechnung zu den fixen Kosten gezählt werden. Bei einem Einzelunternehmen jedoch wird häufig die Berücksichtigung des Unternehmerlohnes vergessen. Tatsächlich sieht die Praxis ja oft so aus, dass eine Entnahme von finanziellen Mitteln nur dann vorgenommen wird, wenn Gewinn in der Periode erwirtschaftet wird. Bei einer Preiskalkulation sollte ein kalkulatorischer Unternehmerlohn aber zwingend eingerechnet werden, um die eigenen Produkte oder Dienstleistungen nicht unter Wert abzugeben. Jeder Unternehmer muss sich mit der Alternative beschäftigen, die sich ihm bieten würde, wenn er nicht den Betrieb leiten würde. Er könnte seine Arbeitszeit ja durchaus dazu verwenden, in einem anderen Unternehmen als Angestellter zu arbeiten und dadurch seinen Lebensunterhalt bestreiten.

Opportunitätskosten in der Kosten- und Leistungsrechnung

Opportunitäts-Kosten in der Kosten- und LeistungsrechnungJedes Unternehmen kann seine Produktion oder seine Dienstleistung nur im Rahmen der vorhandenen Kapazitäten erbringen, will man den vorgegebenen Kostenrahmen nicht sprengen. Kapazitäten können auf verschiedenen Ebenen begrenzt sein. Zum einen kann der zeitliche Faktor nicht ausreichen. Wenn eine Anlage bereits 24 Stunden rund um die Uhr läuft und einen bestimmte Menge an Output liefert, dann ist die Kapazität ausgeschöpft, es kann nicht mehr gefertigt werden. Außerdem kann es eine mengenmäßige Begrenzung geben, etwa, wenn die Inputstückzahlen nicht erhöht werden können, weil der Vorlieferant nicht mehr liefern kann. Aufgabe des betrieblichen Managements ist es, die vorhandenen Ressourcen so einzusetzen, dass der höchstmögliche Deckungsbeitrag erzielt wird.

Der Deckungsbeitrag eines Produktes errechnet sich aus der Differenz des Erlöses und der eingesetzten variablen Kosten (siehe hierzu auch Artikel variable Kosten im Lexikon) je Stück:

Formel:
Deckungsbeitrag = Verkaufspreis je Stück – (Materialkosten je Stück + Lohnaufwand je Stück)

Damit ist der Deckungsbeitrag der Teil des Verkaufserlöses, der für die Deckung der fixen Kosten des Unternehmens noch zur Verfügung steht. Bei einer Konkurrenzsituation von Erzeugnissen wird daher dieser Deckungsbeitrag je Stück genauer betrachtet. Die Entscheidung muss aus betriebswirtschaftlicher Sicht für das Produkt fallen, welches den höheren Deckungsbeitrag erwirtschaftet. Allerdings muss dann der entgangene Deckungsbeitrag für den Artikel, der nicht mehr produziert wird, als Opportunitätskosten berücksichtigt werden. Er wird anteilig auf die Kosten der Alternativen umgelegt.

Opportunitätskosten bei der Ermittlung von Preisuntergrenzen

Eine Frage, die in der Kosten- und Leistungsrechnung regelmäßig beantwortet werden muss, ist die nach der Preisuntergrenze, wenn ein Zusatzauftrag angenommen werden soll und die Kapazität eigentlich bereits ausgeschöpft ist: Zu welchem Verkaufspreis können die Produkte kurzfristig abgegeben werden?

Diese unterste Preisgrenze wird auch als Grenzkosten bezeichnet. Bei der Produkterstellung sind die absoluten Grenzkosten gleich der variablen Selbstkosten. Bei einer Entscheidung darüber, ob ein Zusatzauftrag noch angenommen werden soll, gehen die Verantwortlichen davon aus, dass alle Fixkosten bereits durch die „normalen“ Aufträge übernommen werden, das Unternehmen ist ja voll ausgelastet. Der Zusatzauftrag verdrängt einen Teil der üblichen Fertigung. Bei der Berechnung, ab wann der Zusatzauftrag sich lohnt, muss der entgangene Deckungsbeitrag der verdrängten Produkte berücksichtigt werden:

Formel:
Grenzpreis (kurzfristige Preisuntergrenze für Sonderauftrag) = Grenzkosten Produkt + Opportunitätskosten (Deckungsbeitrag verdrängtes Produkt)

Mit der Kenntnis dieses Grenzpreises lässt es sich der Verkaufspreis für den Sonderauftrag viel besser verhandeln.

Übrigens, vielleicht interessieren Sie passend zu diesem Thema auch die Artikel Gemeinkosten, Umlaufvermögen, Selbstfinanzierung, Fremdkapital und Crowdfunding im Lexikon?

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